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Vorschlag zur Kostendeckung KOF-Ökonom: «Coronasteuer ist keine Bestrafung»

Es ist ein pikanter Vorschlag: Unternehmen, die von der Coronakrise profitiert haben, sollen eine Sondersteuer bezahlen und damit die Krisenverlierer unterstützen. Die Idee wurde im «Sonntagsblick» lanciert und stammt von Jan-Egbert Sturm von der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich. Niemand freue sich über eine höhere Steuerlast – aber jemand müsse schliesslich für die Kosten der Coronakrise aufkommen, sagt er.

Jan-Egbert Sturm

Wirtschaftswissenschafter

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Sturm leitet die Konjunkturforschungsstelle an der ETH Zürich. Er führt auch die Fachgruppe Wirtschaft der Nationalen Covid-19-Task-Force.

SRF News: Jan-Egbert Sturm, wie stellen Sie sich eine Coronasondersteuer genau vor?

Jan Egbert Sturm: Es geht darum, dass die Coronakrise uns und auch den Staat sehr viel Geld kostet. Die Frage ist: Wie kann das bezahlt werden? Ein Weg könnte sein, zu überlegen, inwieweit die Wirtschaft, die mit dem Geld ja quasi gerettet worden ist, das selbst mittragen kann. Wie insbesondere jene Unternehmen das mittragen können, die von den Rettungsmassnahmen profitiert haben und gut aus dieser Krise herausgekommen sind.

Economiesuisse klar gegen Coronasteuer

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Legende: Keystone

Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse ist gegen eine Coronasteuer. Frank Marty, Leiter Finanzen und Steuern, sagt: «Der Vorschlag ist absolut schädlich für die nötige wirtschaftliche Erholung.»

Es sei schlecht, wenn man die Firmen, die noch halbwegs gut durch die Krise gekommen sind, zusätzlich belasten würde. Das würde die Möglichkeiten dieser Firmen, zu investieren und Arbeitsplätze zu erhalten, massiv erschweren. «Und das wäre ganz sicher das falsche Rezept gegen die Krise.»

Wie könnte man festlegen, wer Geld bezahlt und wer Geld bekommt?

Ich würde auf die Gewinne der einzelnen Firmen schauen, nicht auf die Branchen an sich. Denn da ist es schwierig. In einer Branche gibt es Gewinner und Verlierer. Man muss sich also sehr allgemein fassen und einen Coronazuschlag auf die Gewinnsteuer legen, der dann gelten würde.

Wie lange würde der Zuschlag erhoben werden müssen?

Wir reden über ein, zwei, drei Jahre, also die Phase nach der Coronakrise selber, in der wir uns immer mehr Sorgen machen müssen, wie wir das Geld, das wir ausgegeben haben, auch irgendwie wieder zurückbekommen.

Bestraft man damit nicht die, die in der Krise gut gewirtschaftet haben?

Bestrafen ist das falsche Wort. Wir wissen, dass die Finanzierung irgendwie aufgebracht werden muss. Irgendjemand soll auf irgendeine Art die hohen Kosten, die der Staat hatte, auffangen. Wenn wir sie nicht auffangen, geht es in die Staatsverschuldung. Das bedeutet, dass die nächste Generation bezahlt.

Wir müssen aufpassen, dass wir nicht bei jenen ansetzen, denen es sowieso schon schlecht geht.

Wenn es nicht nur die nächste Generation sein soll, die bezahlt, dann ist die Frage: Wer zahlt dann mehr Steuern? Ein möglicher Weg ist, die Unternehmen selber mehr Steuern zahlen zu lassen. Dabei müssen wir aber aufpassen, dass wir nicht bei jenen ansetzen, denen es sowieso schon schlecht geht.

Und glauben Sie, dass dieser Vorschlag Chancen hat?

Das ist im Schweizer Kontext schwer zu sagen. Für mich stellt sich als Akademiker die Frage: Wie kann man die Kosten decken? Dazu wird es wahrscheinlich mehrere Wege geben. Und das ist ein möglicher Weg.

Sie haben diesen Vorschlag einer Coronasteuer im März bereits einmal gemacht. Haben Sie Rückmeldungen aus der Wirtschaft erhalten?

Die Wirtschaft ist nicht erfreut, es ist klar: Keiner möchte gerne Steuern zahlen. Das gilt natürlich für uns Privatpersonen genauso wie für die Wirtschaftsbosse. Keiner freut sich darauf, wenn auf einmal eine höhere Steuerlast auf einen zukommt. Aber wer wird letztendlich diese Kosten auffangen? Früher oder später werden wir über eine gewisse Art von Lastenerhöhung reden müssen. Und die Frage ist, wer bezahlt.

Das Gespräch führte Christoph Kellenberger.

SRF 4 News, 31.08.2020, 06.10 Uhr ; 

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