Mit der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump tritt die Welt in eine neue Phase des Welthandels ein. In den letzten Jahrzehnten wurden die Zölle weltweit massiv abgebaut – etwa durch die Welthandelsorganisation WTO –, der Handel erlebte einen nie gesehenen Aufschwung. Was sich jetzt ändert, weiss der Ökonom Milan Babić von der Universität Amsterdam.
SRF News: Bis vor Kurzem galt: Freier Handel ist gut für alle. Gilt das nicht mehr?
Milan Babić: Gerade verändert sich die ideelle Grundlage für den Welthandel. Lange galt, dass möglichst alle vom Welthandel profitieren sollten, und das Mittel zum Zweck war der Abbau von Zollschranken. Lange hat das gut funktioniert. Doch mit Donald Trump ändert sich das gerade rapide.
Der Handel wird immer stärker von strategischen Überlegungen beeinflusst.
Ist der globale Welthandel der letzten Jahrzehnte damit am Ende?
Nein – denn schliesslich konsumieren und kaufen wir ja nach wie vor viele Produkte, die nicht hier hergestellt worden sind. Doch die Art, wie globaler Handel und Globalisierung funktioniert, ändert sich – nicht nur wegen Trump. Der Handel wird auch immer stärker von strategischen Überlegungen beeinflusst. Das ist etwa bei den Chips oder Halbleitern zu beobachten: Ohne sie kann kein Land bei technischen Entwicklungen mithalten.
Wer profitiert von den Veränderungen im Welthandel?
Wie immer gibt es Gewinner und Verlierer. Bei Trumps Zöllen ist schwierig abzusehen, wer mittelfristig profitiert und wer verliert. Kurzfristig profitieren die USA, weil sie höhere Zolleinnahmen haben. Aber an Trumps Zöllen hängt ein ganzer Rattenschwanz wie US-Importeure oder die Exporteure aus anderen Ländern – und wie die sich verhalten werden, wird sich erst noch zeigen.
Es könnten neue, grössere Freihandelszonen auf der Welt entstehen – ohne die USA.
Was klar ist: Ein bestimmter wirtschaftspolitischer Entscheid einer Regierung hat nicht mehr klar absehbare kausale Auswirkungen – es kommt immer darauf an, wie die anderen Akteure reagieren. So könnten die anderen Länder beispielsweise statt mit den USA untereinander mehr Handel treiben. Es könnten also neue, grössere Freihandelszonen auf der Welt entstehen – ohne die USA. In diesem Fall wäre das schlecht für die USA und die dortigen Konsumenten.
Wie sehen Sie die künftige globale Wirtschaftsordnung?
Der durchschnittliche Zollsatz von Trump bewegt sich bei 15 bis 20 Prozent – die Schweiz ist mit ihren 39 Prozent ja ein Ausreisser. Dieser durchschnittliche Zollsatz wird das Getriebe des globalen Handels nicht substanziell verändern. Zölle sind eher Teil einer strategischen Wirtschaftspolitik.
Die globale Ökonomie wird künftig weniger als Win-win-Situation für alle verstanden.
Die Welt wird also ein bisschen protektionistischer, Wirtschaftspolitik ein bisschen strategischer, ökonomischer Nationalismus erhält mehr Support von den Wählerinnen und Wählern. Dies alles zusammen ergibt einen etwas anderen Welthandel: Die globale Ökonomie wird weniger als Win-win-Situation für alle verstanden, sondern eher als Nullsummenspiel, bei dem einer etwas verlieren muss, wenn der andere etwas hinzugewinnt.
Das Gespräch führte Martina Koch.