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Zu hoher Energieverbrauch «Die Schweiz hat die Pflicht, eine Vorbildrolle einzunehmen»

Allein im vergangenen Jahr stieg der Energieverbrauch weltweit um mehr als zwei Prozent, hat die Internationale Energiebehörde diese Woche in Paris berichtet. Für Felix Nipkow von der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES) ist das Ergebnis nicht überraschend, aber besorgniserregend.

«Die Staatengemeinschaft in Paris hat sich auf Klima-Ziele geeinigt. Wie man nun sieht, passiert leider herzlich wenig», sagt Nipkow. Erfreulich sei allerdings, dass auch die Nachfrage nach erneuerbaren Energien rasch gewachsen ist.

Felix Nipkow

Schweizerische Energie-Stiftung (SES)

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Nipkow ist Projektleiter Strom und Erneuerbare Energien bei der Schweizerischen Energie-Stiftung SES. Diese setzt sich seit 1976 für einen effizienten, auf erneuerbaren Energien basierenden Stromverbrauch ein.

SRF News: Die Nachfrage nach erneuerbaren Energien ist zweistellig gewachsen. Reicht das allein nicht aus, um den Energiebedarf zu decken?

Felix Nipkow: Ich denke, Energie ist grundsätzlich zu billig. Das führt dazu, dass die Nachfrage sehr gross ist und entsprechend voll ausgenutzt wird. Die erneuerbaren Energien hätten das Potenzial, den Energiehunger der Welt zu decken. Gleichzeitig konkurrenzieren die alten fossilen Energien weiterhin diese Nachfrage. Und das ist nicht kompatibel mit den Klima-Zielen von Paris.

Erneuerbare Energie zu fördern ist also zu teuer und nicht wettbewerbsfähig im Vergleich zu fossilen Energien?

Nein, so ist es nicht. Erneuerbare Energien sind durchaus wettbewerbsfähig. Es ist sogar die billigste Art überhaupt, Energie zu produzieren. Fossile Energien sind aber häufig subventioniert. Der Preis für fossile Energie beinhaltet die Kosten für den Klimawandel oft nicht. Sie sind also künstlich verbilligt und können deshalb weiterhin am Markt bestehen.

Auch der Verbrauch von nuklearer Energie ist weiter angestiegen. Kernkraft ist klimaneutral – ist das also ein positiver Trend?

Nein, das Gegenteil ist der Fall. Die Kernenergie hat zwar leicht zugelegt, weil man in Japan und China einzelne AKW in Betrieb genommen hat. Aber Kernenergie ist nicht die Lösung, sondern Teil des Problems. Sie bindet viele Gelder und ist sehr langsam. Wenn man Geld in Kernenergie investiert, verschwendet man Zeit und Ressourcen, die man besser investieren würde, um der Lösung einen Schritt näher zu kommen – mit erneuerbaren Energien.

Kernkraftwerk
Legende: «Kernenergie ist nicht die Lösung, sondern Teil des Problems», sagt Felix Nipkow. Reuters

Der Energieverbrauch ist weltweit um mehr als zwei Prozent angestiegen. Was heisst das mit Blick auf den Klimawandel?

Wir sind leider weit weg von einer Trendwende, die es dringend braucht. Und die Zeit wird immer knapper.

Es braucht klarere Ziele für den Ausstieg aus fossilen Energien.

Es braucht deutlich mehr Anstrengungen bei Effizienz und bei erneuerbaren Energien weltweit und es braucht klarere Ziele für den Ausstieg aus fossilen Energien. Es ist Zeit, dass die Regierungen handeln. Und die Schweiz hat dafür beste Voraussetzungen und die Pflicht, eine Vorbildrolle einzunehmen. Es ist höchste Zeit, die Handbremse zu lösen.

Ein Fünftel des Anstiegs geht zurück auf Klimaanlagen. Wenn der CO2-Ausstoss weiter zunimmt, kann man davon ausgehen, dass das Klima wärmer wird und die Nachfrage nach Klimaanlagen weiter steigen wird.

Das ist ein Effekt, den man leider erwarten muss. Die Wetterextreme werden weiter zunehmen und damit auch das Bedürfnis nach ausgleichenden Massnahmen in den Gebäuden. Aber es ist einerseits angesagt, ein gewisses Mass zu halten, andererseits kann man diesen Bedarf mit erneuerbaren Energien decken. Das ist der einzig richtige Weg.

Das Gespräch führte Maren Peters.

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