Wespen sind im Sommer allgegenwärtig – besonders auf Balkonen und an Grillfesten. Viele Menschen empfinden sie als lästig oder gefährlich.
Die Biologin und Wespen-Expertin Seraina Klopfstein vom Naturhistorischen Museum Basel erklärt, warum wir ohne Wespen nicht auskommen und wie wir mit ihnen stressfrei zusammenleben können.
SRF: Wie kann man Wespen fernhalten, ohne ihnen zu schaden?
Seraina Klopfstein: Am besten funktioniert eine einfache Spritzflasche mit Wasser, wie man sie für Pflanzen verwendet. Ein kurzer Sprühstoss täuscht Regen vor. Für Wespen ist das ein Zeichen, sich zurückzuziehen, und sie fliegen weg, ohne verletzt zu werden.
Wespen stechen nur zur Selbstverteidigung, wenn sie sich bedroht fühlen
Viele Tipps, die im Umlauf sind, bringen dagegen gar nichts. Wichtig ist auch: nicht anpusten. Das Kohlendioxid in unserer Atemluft wirkt auf Wespen wie ein Alarmsignal und kann sie aggressiver machen.
Warum stechen Wespen überhaupt?
Wespen stechen nur zur Selbstverteidigung, wenn sie sich bedroht fühlen. Das passiert zum Beispiel, wenn man sie versehentlich einklemmt, etwa zwischen Arm und Körper, im Kleidungsstoff oder auf dem Stuhl. Gegen Ende Sommer finden die Tiere in der Nähe des Nests weniger Nahrung. Sie sind stärker unter Druck, etwas zu finden, und kommen uns deshalb öfter nahe. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie in eine brenzlige Situation geraten und sich wehren müssen.
Wozu sind Wespen gut?
Sie sind unterschätzte Nützlinge. Im Garten befreien sie Pflanzen von Schädlingen wie Blattläusen, weil sie für ihre Brut grosse Mengen an Eiweiss brauchen. Auch in Landwirtschaft und Forstwirtschaft spielen sie als Räuber eine wichtige Rolle im natürlichen Gleichgewicht. Ohne Wespen gäbe es deutlich mehr Schadinsekten und wir müssten stärker mit chemischen Mitteln eingreifen.
Wie wirkt sich das Wetter auf Wespen aus?
Ein warmer, trockener Juni lässt die Völker kräftig wachsen, weil die Bedingungen ideal für den Nestbau und die Aufzucht der Brut sind. Ein verregneter Juli bremst diese Entwicklung. 2025 wird kein Rekordjahr mehr, aber im August sind dennoch viele unterwegs. Kälte oder Dauerregen lassen die Staaten rasch zusammenbrechen. Nur die jungen Königinnen überleben den Winter und gründen im Frühling neue Völker.
Warum empfinden viele ein «Wespenjahr» als besonders schlimm?
Die Populationen wachsen den ganzen Sommer über. Gegen Ende Juli und Anfang August erreichen sie ihren Höhepunkt. Weil dann viele Arbeiterinnen gleichzeitig unterwegs sind, wirkt es so, als gäbe es mehr Wespen als je zuvor.
Gibt es auch unbekanntere Wespenarten?
Ja, sehr viele. Ein Beispiel ist die Darwinwespe. Sie lebt in Wäldern, ist für den Menschen harmlos und fällt kaum auf. Ihre Vielfalt ist riesig und wir haben erst einen Bruchteil davon erforscht.
Das Gespräch führte Stefan Siegenthaler.