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SRF-Experte beim Unspunnen Jörg Abderhalden: «Das Gute sollte im Zentrum stehen»

Seit über zehn Jahren begleitet Jörg Abderhalden Schwingfeste als SRF-Experte. Im Interview mit «Hallo SRF!» spricht der 44-jährige Toggenburger über die Tücken seiner Rolle, frühes Aufstehen am Tag X und die Zusammenarbeit mit den weiteren TV-Experten Adrian Käser und Matthias Sempach.

Jörg Abderhalden, du bist seit zehn Jahren als SRF-Experte im Schwingen im Einsatz. Wie gefällt dir diese Rolle?
Jörg Abderhalden: Es ist eine sehr spannende Rolle. Als aktiver Schwinger stand ich jeweils auf der anderen Seite, was den Umgang mit Medien betrifft. Jetzt betrachte ich den Schwingsport aus einer anderen Perspektive. Trotzdem schlägt in mir nach wie vor ein Athletenherz.

Fieberst du also noch immer voll mit, wenn die Kameras nicht auf dich gerichtet sind?
Als Nordostschweizer habe ich natürlich nach wie vor viele Sympathien für die Schwinger aus unserem Teilverband. Mittlerweile macht mir jedoch schöne Schwingerarbeit generell viel Spass. Da bin ich nicht mehr gleich parteiisch. Gleichzeitig ärgern mich schlechte Arbeit und Gänge.

Zur Person

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Porträt Jörg Abderhalden
Legende: Jörg Abderhalden SRF / Oscar Alessio

Jörg Abderhalden ist seit 2013 als Schwingexperte für SRF im Einsatz. Zudem amtet er seit 2018 als Schiedsrichter in der Fernsehsendung «Samschtig-Jass». Der 44-Jährige stammt aus dem Toggenburg. In seiner Karriere als Schwinger gewann er drei Eidgenössische Schwing- und Älplerfeste – jene in Bern 1998, Luzern 2004 und Aarau 2007. Neben diesen drei Königstiteln schaffte er dank Siegen am Unspunnen-Schwinget 1999 und dem Kilchberger Schwinget 2002 auch den «Schwinger-Grand-Slam».

Als SRF-Experte musst du dann aber objektiv beurteilen. Worauf legst du in dieser Rolle besonderen Wert?
Ich probiere immer, möglichst korrekt zu bleiben. Es ist meine Aufgabe, Fehler zu kritisieren. Aber man muss unbedingt die positiven Aspekte und beispielsweise richtige Entscheide der Kampfrichter hervorheben. Das möchte ich dem Publikum mitgeben.

Wie bereitest du dich auf deine Experteneinsätze vor?
Da wir bei einem Live-Event primär das Geschehen vor Ort einordnen, ist eine spezifische Vorbereitung schwierig. Ich verfolge jedoch die gesamte Schwingsaison aufmerksam, behalte die Spitzenschwinger im Auge und achte auf ihre Leistungen, Lieblingsschwünge oder Schwachstellen.

Wie sieht dein Tag als Experte an einem Schwingfest aus?
Wir treffen jeweils schon am Vortag ein, um uns die Situation von Ort anzusehen und den Ablauf zu besprechen. Am Tag selbst bin ich gerne früh vor Ort. Einerseits bleibt so genug Zeit für Maske, Tontests und Einrichten. Andererseits liebe ich die Stimmung frühmorgens an einem Schwingfest, wenn noch nicht viele Leute da sind. Die sauge ich gerne etwas auf.

Erlebst du diese Tage als stressig oder bist du jeweils entspannt?
Dank meiner Erfahrung und dem frühzeitigen Eintreffen empfinde ich wenig Stress. Ich versuche jedoch auch, mich während des Tages auf die Arbeit zu konzentrieren und beispielsweise am Mittag nicht zu sehr unter die Leute zu gehen. Und wenn sich auf der Tribüne jemand umdreht, um ein Selfie zu schiessen, muss ich halt auch mal Nein sagen.

Mehr Einblick bei SRF? Gibt's bei «Hallo SRF!»

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Junge Menschen im Publikum bei einer «Hallo SRF!»-Veranstaltung
Legende: «Hallo SRF!» Im Austausch mit unserem Publikum SRF

Alles im Überblick: srf.ch/hallosrf

Trotz deiner jahrelangen Kamera-Erfahrung: Gibt es noch Punkte, die dich besonders herausfordern in deiner Arbeit als TV-Experte?
Vielleicht die Gratwanderung, allen gerecht zu werden – den Schwingern, den Kampfrichtern, den Einteilern, dem Publikum. Als TV-Experte spreche ich Fehler an und sage vielleicht auch mal etwas, das wehtut. Gleichzeitig möchte ich niemandem in den Rücken fallen und nicht immer das Haar in der Suppe suchen und jemanden schlechtreden. Das Gute sollte im Zentrum stehen.

Sind Fehler heute einfacher zu entlarven, weil die TV-Produktionen der Schwingfeste immer professioneller werden? Mittlerweile übertragen die SRG-Sender ja alle Berg- und Teilverbandfeste und sind beispielsweise am Unspunnen-Schwinget 2023 mit 14 Kameras vor Ort.
Natürlich hat man heute mehr technische Möglichkeiten, verschiedene Blickwinkel und Zeitlupen. Das hat auch dazu beigetragen, dass der Schwingsport seit der ersten Live-Übertragung eines Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests durch die SRG im Jahr 2004 medial viel präsenter geworden ist. Gleichzeitig gibt es im Schwingen seit jeher regeltechnische Graubereiche, sei es beim Resultat, der Notengebung oder der Einteilung. Sie gehören zum Sport dazu wie die Zwilchhose oder das Sägemehl.

Teilweise stehst du gemeinsam mit den weiteren SRF-Experten Adrian Käser und Matthias Sempach im Einsatz. Kommt es da auch mal zu Meinungsverschiedenheiten, wenn die Mikrofone ausgeschaltet sind?
Käser und Sempach sind wie Kommentator Stefan Hofmänner Berner. Als Ostschweizer schaue ich manchmal mit anderen Augen auf das Geschehen. Da gibt es sicherlich auch mal Diskussionen. Vielleicht finde ich einen Gang taktisch clever, während ihn andere für langweilig halten. Da gibt es aber immer auch viel Interpretationsspielraum – wie auch bei der Einteilung. Aber das macht den Schwingsport ja auch so spannend.

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