Das ganze Interview mit Tristan Brenn auch auf Instagram:
Heimlich gefilmte Szenen mit der Kamera oder Überwachungsbilder – sind solche Recherchemethoden überhaupt erlaubt?
Tristan Brenn, Chefredaktor Video: Versteckte Aufnahmen sind in der Schweiz strafbar. In Ausnahmefällen aber können solche Aufnahmen vor Gericht gerechtfertigt werden. Dann nämlich, wenn ein Missstand nicht anders zu beweisen ist.
Und: wenn ein hohes öffentliches Interesse besteht. Diese Aufnahmen sind aber immer heikel, weil sie häufig in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen eingreifen.
Wann ist ein solches öffentliches Interesse gegeben?
Ein gutes Beispiel dafür war vor Kurzem eine «Kassensturz»-Recherche über Tierversuche. In dem Beitrag hat man Videos von unhaltbaren Zuständen in einer Küngel-Zucht gesehen. Gefilmt von einer Tierschutzorganisation mit versteckter Kamera.
Der «Kassensturz» hat diese Videos publiziert. Ohne diese heimlich gefilmten Bilder gäbe es keine Aufklärung und Beweise für die miserable Tierhaltung – und also auch keine öffentliche Debatte dazu.
Verdeckte Aufnahmen sind bei SRF kein Stilmittel, sondern ein Ausnahmefall bei der Recherche.
Welche Regeln gelten bei Personen, die heimlich gefilmt werden?
Ein wichtiger Grundsatz ist, dass wir die Rechte der heimlich gefilmten Personen wahren wollen – auch wenn es sich um mutmassliche Betrüger handelt. Ein Beispiel dafür war die Recherche von SRF Investigativ über sogenannte fliegende Goldhändler.
Unsere Reporter haben mit versteckter Kamera dokumentiert, wie Kundinnen und Kunden mit Trickfragen und falschen Gewichtsangaben getäuscht werden. Die Gesichter der Betrüger sind unkenntlich gemacht worden. Der Betrug selbst konnte trotzdem dokumentiert werden.
Was gilt bei öffentlichen Aufnahmen mit Überwachungskameras?
Auch hier müssen wir genau hinschauen. Ein Beispiel der «Rundschau»: Die Sendung hat kürzlich den organisierten Handel mit gestohlenen E-Bikes thematisiert. Es wurde dafür ein E-Bike mit GPS-Tracker vor ein Geschäft mit einer Überwachungskamera gestellt. Die Kamera hat aufzeichnet, wie das Velo gestohlen wird – ohne Wissen des Täters.
Rechtlich dürfen wir diese Aufnahmen verwenden, wenn wir keine erkennbaren Gesichter zeigen. Denn es geht nicht um die einzelnen Personen, sondern ums Thema, in dem Fall den E-Bike-Klau im grossen Stil.
Zusammenfassend kann man sagen: Verdeckte Aufnahmen sind bei SRF kein Stilmittel, sondern ein Ausnahmefall in der Recherche. Es geht um Aufklärung, nicht um Blossstellung.