1. Am Anfang war das Wort
Zuerst wird der Dialog einer Szene aufgenommen. Dafür gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten:
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Bild 1 von 3. 1. Schallarm. Der schallarme Aufnahmeraum ist so etwas wie der Green Screen beim Film. Die Aufnahme ist trocken, hat also so wenig Hall wie möglich. Räume werden digital in der Postproduktion hinzugefügt. Die Möglichkeiten sind dabei grenzenlos, vom fahrenden Auto bis zur Kathedrale. Bildquelle: SRF / Matthias Willi.
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Bild 2 von 3. 2. Tönend. Der tönende Aufnahmeraum spricht auf die Stimme an. Ein gewisser Hall ist zu hören. So lässt sich die Stimme im Raum aufnehmen. Bei Bedarf kann der tönende Raum durch mobile Stellwände verkleinert werden. Oft wird hier mit Stereomikrofonen aufgenommen, die Stimmen sind dann schon verortet (hier hört man die Herren im linken und rechten Ohr). Bildquelle: SRF / Matthias Willi.
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Bild 3 von 3. 3. On location. Ein Hörspiel wird vor Ort aufgenommen: dort, wo die Szene spielt. Hier beispielsweise in einer Strasse. Die Geräuschkulisse passt so perfekt, kann aber im Nachhinein nicht mehr geändert werden. Der Tontechniker nimmt im Laufen auf. Bildquelle: SRF / Oscar Alessio.
Beim aktuellen Schweizer Radio Tatort «Shikimicki» wurden die Szenen grösstenteils schallarm aufgenommen. Das klingt dann so:
2. Die Geräusche machen's aus
In der wirklichen Welt hören wir natürlich nicht nur nackte Stimmen, sondern viel mehr. Beim Hörspiel unterscheidet man zwischen Geräuschen und Ambis. Geräusche sollen Aktionen erlebbar machen: Rennen durch Schnee, Trinken aus einer Tasse, eine Tür, die aufgeht. Ambis wiederum sind Hintergrundgeräusche, die helfen, eine Szene zu verorten: Das kann zum Beispiel Vogelgezwitscher sein, die Geräuschkulisse einer Kneipe oder auch Wind und Wetter.
Heutzutage findet man viele Geräuschaufnahmen und Ambis in digitalen Datenbanken. Aber noch immer werden Geräusche passgenau im Hörspielstudio aufgenommen, oder in besonderen Fällen von einem Geräuschemacher hergestellt.
Geräusche: Digital und anno dazumal
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Bild 1 von 6. Von Hand. Die Windmaschine erzeugt durch Drehen Windgeräusche. Die Holzwand im Hintergrund hat mehrere Fenster- und Türelemente, um die entsprechenden Geräusche zu erzeugen. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 6. Mit Mausklick. In digitalen Datenbanken lassen sich Geräusche suchen und lizenzieren. Hier zum Beispiel Klingeln. Bildquelle: Soundly.
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Bild 3 von 6. Klingeltöne. Dazu hat früher das dieses Klingelbrett gedient. Ganz verschiedene Geräusche liessen sich erzeugen: Von Türklingeln bis zum läutenden Telefon. Bildquelle: SRF / Matthias Willi.
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Bild 4 von 6. Schritt ... Im alten Hörspielstudio auf dem Basler Bruderholz liessen sich auch Schritte wunderbar aufnehmen: Ob auf Holz, Stein oder Beton. Bildquelle: SRF / Matthias Willi.
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Bild 5 von 6. ... für Schritt. Und auch Kieswege oder Plättli waren kein Problem. Ein kleines Geheimnis: Wenn man alte Kassettenbänder auf dem Kies verteilt und drüberläuft, klingt es nach Schritten auf Laub! Bildquelle: SRF / Matthias Willi.
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Bild 6 von 6. Sumsum. Und auch Geräusche kann man natürlich vor Ort aufnehmen: Wie hier Sounddesigner Martin Bezzola vor einem Bienenhaus. Bildquelle: Martin Bezzola.
Zu den Stimmen kommen dann je nachdem noch digitale Raumeffekte dazu. Damit die Szene nicht nach Studio klingt, sondern zum Beispiel nach einem Bergdorf. Ausserdem werden die Stimmen im Raum positioniert: Also links oder rechts im Ohr. Wenn man sie lauter oder leise macht, lässt sich beispielsweise auch ein Weglaufen simulieren.
Die selbe Szene im Radio Tatort klingt mit Geräuschen nun so:
3. Hier spielt die Musik
Damit ein Hörspiel uns berührt, fehlt noch eine letzte wichtige Zutat: die Musik! Sie unterstützt, was eine Szene ausmacht: den Humor, die Dramatik, die Romantik oder die Action. Die Musik kann auf ganz verschiedene Weise entstehen:
Hörspielmusik früher und heute
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Bild 1 von 4. Royal. Luxeriös ging es früher zu und her: Hauskomponist Hans Moeckel erdachte sich Hörspielmusiken, die extra vom Unterhaltungsorchester Beromünster oder später der DRS Big Band eingespielt wurden. Goldene Zeiten! Bildquelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Vogt, Jules.
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Bild 2 von 4. Original. Heutzutage vergibt SRF die Aufträge für Hörspielmusik an freischaffende Musiker und Komponistinnen. Diese spielen die Musik im eigenen Studio ein, wie hier Martin Bezzola. Bildquelle: Daniel Winkler.
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Bild 3 von 4. Spezial. Aber auch im Hörspielstudio wird extra Musik aufgenommen. Hier macht der Schlagzeuger Samuel Dühsler mit Fahrrädern Musik: Zum Beispiel, indem er mit einem Geigenbogen über die Speichen streicht. Im Hörspiel geht's um den Giro d'Italia. Bildquelle: SRF / Oscar Alessio.
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Bild 4 von 4. Digital. Ab und zu greifen Hörspielregisseure aber auch auf bestehende Musik zurück: Früher ab Schallplatte oder CD, heute aus dem Internet. Hier beispielsweise beim Verlag Massive Bass. Bildquelle: Massive Bass.
Am Schluss kommt noch der Feinschliff: Die Mischung. Ein Hörspielprojekt hat oft unzählige Spuren mit verschiedenen Sprachaufnahmen, Geräuschen, Musiken, Effekten und so weiter. Der Tontechniker schafft daraus ein harmonisches und ausbalanciertes Ganzes.
Unsere Szene aus dem Radio Tatort klingt am Ende so:
Und wie war das eigentlich früher?
Am Anfang wurden Hörspiele immer live im Studio aufgeführt und übertragen. Eigentlich wie eine Theatervorstellung fürs Mikro:
Später wurden Hörspiele aufgenommen: und zwar auf Band. Ein Schnitt war damals wortwörtlich zu verstehen: Ein Tonband wurde geschnitten, und eine spätere Aufnahme darangeklebt. Beim Strassenfeger «Polizischt Wäckerli» von Schaggi Streuli sah das so aus:
Hörspiel anno 1949
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Bild 1 von 5. Der Radiopionier. Regisseur Arthur Welti im Gespräch mit den Schauspielern. Bildquelle: Comet/ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv.
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Bild 2 von 5. Alles unter Kontrolle. Tontechniker Georg Stössel im Aufnahmestudio. Damals typisch für seinen Beruf im weissen Kittel. Bildquelle: Comet/ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv.
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Bild 3 von 5. Kultschauspieler. Schaggi Streuli hat den «Polizischt Wäckerli» nicht nur geschrieben, sondern auch gleich noch die Hauptrolle übernommen. Bildquelle: Comet/ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv.
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Bild 4 von 5. Ensemble. Lee Ruckstuhl als Tochter Marti, Fritz Scheidegger als Sohn Ruedi, Schaggi Streuli als Dorfpolizist, Lisa Burkhard als dessen Frau Hedwig und Regisseur Arthur Welti. Bildquelle: Comet/ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv.
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Bild 5 von 5. Altes Ehepaar. Armin Schweizer und Marianne Kober als Ehepaar Töbeli. Für die Aufnahme im Studio erschien Mann natürlich im Anzug. Bildquelle: Comet/ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv.