Trotz vieler Beschwerden schien Obligo jahrelang unantastbar. Jetzt wurden vier Hintermänner verurteilt. Ein Team der Zeitschrift «Beobachter» hat das im Rahmen einer grossen Recherche aufgedeckt. «Beobachter»-Redaktor Thomas Angeli im Interview.
SRF: Was hat der «Beobachter» herausgefunden: Wer wurde im Zusammenhang mit Obligo verurteilt und was sind die Strafen?
Thomas Angeli: Die Staatsanwaltschaft Schwyz hat Betreiber von Webseiten mit Pornoangeboten wegen einer Verletzung der Preisbekanntgabe-Verordnung verurteilt. Es ergingen vier rechtskräftige Strafbefehle – ohne Prozess. Die Betreiber müssen Bussen von mehreren tausend Franken bezahlen. Die Staatsanwaltschaft kam zum Schluss, dass die Preise dieser Abos, die die Leute angeblich abgeschlossen haben, nicht korrekt angeschrieben waren. Es sei auf den Webseiten nicht klar gewesen, dass man einen «kostenpflichtigen Bestellvorgang» abgeschlossen hat.
Das sind nun aber alles Strafbefehle gegen Hintermänner. Offenbar ist es schwierig, an die Verantwortlichen bei Obligo heranzukommen. Es gibt einen einzigen Verwaltungsrat. Ein Verfahren wegen Verletzung des UWG, dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, liegt aktuell noch beim Bundesgericht. Hat diese Klage eine Chance?
Ich gehe nach heutigem Wissensstand nicht davon aus. Dies, weil Obligo sagt, dass sie nur die Abrechnung für diese Erotik-Webseiten machen und diese Seiten nicht selbst betreiben. Und man kann Obligo auch nichts anderes nachweisen.
Der «Beobachter» schreibt, hinter Obligo liege ein verschachteltes «Matrjoschka-System». Was haben Sie herausgefunden?
Es war eine mühsame Recherche. Denn: Je länger wir grübelten, desto mehr Firmen sind aufgetaucht. Die Betreiberfirmen sitzen in Rumänien, auf Malta, auf Zypern und auch in der Schweiz. Und es ist nie richtig klar, wer dahintersteckt.
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Als Absenderadresse der Briefe von Obligo ist schon länger Rigi Klösterli im Kanton Schwyz. Wirklich?
Wir haben nie geglaubt, dass auf der Rigi Arbeitsplätze sind. Obwohl uns der Anwalt von Obligo genau das versichert hat. Deshalb haben wir einen Brief an Obligo geschickt, der mit einem Tracker versehen war. Und wir sahen: Dieser Brief ging nicht auf die Rigi, sondern zur Firma Doing in Luzern. Dort heisst es, man sei nur für den technischen Support zuständig.
Uns ist kein Fall bekannt, in dem es zu einer Betreibung kam.
Niemand will also hinstehen und Verantwortung übernehmen. Ein Hinweis darauf, dass es nicht sauber läuft.
Die verurteilten Betreiber dieser Webseiten sagen: Seit Sommer 2023 sei alles sauber. Man müsse doppelt bestätigen, dass man ein Abo abschliessen will. Und trotzdem weiss das Beratungszentrum des «Beobachters» von zahlreichen Betroffenen, die nach wie vor sagen, sie hätten nie ein Abo abgeschlossen.
Nun gibt es aber nicht nur von der Justiz Gegenwind gegen Obligo. Sondern auch von einer Bank.
Ja. Wir haben zwei Fälle der Graubündner Kantonalbank GKB, die sich geweigert hat, Überweisungen an Obligo zu tätigen. Stellung nehmen wollte die GKB nicht direkt. Sie sagten: Bei solchen Fragen würden relevante Informationen, wie etwa die Anzahl der negativen Bewertungen, einfliessen.
Leider bezahlen viele Leute diese Obligo-Rechnungen, weil es ihnen auch peinlich ist und weil man sie unter Druck setzt mit Mahnungen, Inkasso-Briefen und Betreibungsandrohungen.
Ja, das Geschäftsmodell funktioniert einfach so, dass man so lange droht, bis man den Leuten genug Angst gemacht hat. Uns ist aber kein Fall bekannt, in dem es zu einer Betreibung kam.
Das Gespräch führte Martina Schnyder.