Plastik und Kunststoffe sind ein grosses Problem für die Umwelt. In den Weltmeeren treiben schätzungsweise 100 Millionen Tonnen Plastik. In der Schweiz fallen pro Jahr 350'000 Tonnen Kunststoffverpackungen und Styropor an.
Das Ziel von drei Basler Studenten: Die Kunststoffflut eindämmen und möglichst viele Unternehmen für ihr nachhaltiges Verpackungsmaterial aus Pilz begeistern. Dazu haben sie das Start-up «Mycrobez» gegründet und auf dem ehemaligen Basler Ciba-Areal eine Produktionshalle gemietet.
Styropor aus Pilz – wie geht das?
Die kurze Antwort: Man nehme einen Baumpilz aus dem Allschwiler Wald. Und füttere ihn mit Bio-Abfällen aus der Industrie – wie Kaffeesatz, Nussschalen oder Sägemehl. Der Pilz «verdaut» diese organischen Abfälle in wenigen Tagen und produziert dabei ein Material, das vielseitig einsetzbar ist: als Deko-Möbel, als Schallschutz, als Isolationsmaterial oder als Verpackung für Weine, Uhren oder Elektrogeräte.
-
Bild 1 von 1. Basis des Pilz-Styropors sind Bio-Abfälle wie beispielsweise Sägemehl oder Kaffeesatz. Bildquelle: zVg.
Der Clou: Die Pilzverpackungen sind biologisch abbaubar und zerfallen innerhalb von drei bis vier Wochen auf dem heimischen Kompost. Theoretisch sind sie sogar essbar – das hat die Reporterin selbst getestet.
Idee entstand im Weinkeller
Die Idee entstand vor rund sechs Jahren in einem Weinkeller. Drei Maturanden beschlossen, aus Pilz ein nachhaltiges Material zu entwickeln. Zunächst wollten sie Watte für Ohrstäbchen herstellen. Dann konzentrierten sie sich aber auf Verpackungsmaterial, da es weltweit viel mehr davon braucht.
-
Bild 1 von 2. Das Pilzmaterial ist vielseitig – man kann ganz unterschiedliche Arten von Kunststoff daraus produzieren. Bildquelle: zVg.
-
Bild 2 von 2. Mycrobez-Mitgründer Moritz Schiller und COO Cedric Mennet im Labor auf dem ehemaligen Basler Ciba-Areal. Bildquelle: zVg.
Das erste Problem war, einen geeigneten Pilz zu finden. Zuerst bestellten die Schulfreunde online ein «Frühstückspilz-Set». Das funktionierte nicht, also gingen sie in den nahen Allschwiler Wald und fanden einen Baumpilz: Ein Schmetterlingsporling, den sie liebevoll «Fred» nennen. «In der Zwischenzeit haben wir noch unzählige andere Pilze getestet, aber wir sind beim ursprünglichen Baumpilz aus dem Allschwiler Wald geblieben», erzählt Mitgründer Moritz Schiller schmunzelnd.
Im Silo entsteht aus dem Pilzgeflecht, dem Myzel, und den Bio-Abfällen innerhalb von vier bis fünf Tagen ein weiches, beiges Rohmaterial. Dieses wird anschliessend mithilfe einer selbst erfundenen Maschine in die gewünschte Form gepresst – je nachdem, was daraus werden soll. Zum Schluss lässt man dem fertigen Produkt noch eine weisse, flauschige Haut wachsen, ähnlich der Rinde eines Camemberts.
Wer braucht das Pilzmaterial schon?
Bereits verwendet es die Pharmaindustrie teilweise für den Transport von Medikamenten. Kosmetik- und Elektronikhersteller nutzen es zur Verpackung von Produkten. Aber auch für kleine Deko-Möbel oder als Schallschutzwand ist es verwendbar, theoretisch ebenso als Isolationsmaterial auf dem Bau.
Ein ungelöstes Problem gibt es noch: Ohne Beschichtung können Feuchtigkeit oder Insekten in das «Pilz-Styropor» eindringen. An einer umweltfreundlichen Beschichtung tüftelt das 16-köpfige Team derzeit noch.