Krankenkassen, Miete, alltägliche Kosten: Sie steigen Jahr für Jahr. Über 700'000 Menschen leben gemäss Zahlen der Caritas in der Schweiz in Armut. Über 1.4 Millionen gelten als armutsgefährdet. Sprich: All diese Leute schaffen es kaum oder gar nicht, mit ihrem Einkommen ihre Rechnungen zu bezahlen.
In Armut trotz 80-Prozent-Job
Isabelle, Sévérine und Chris aus dem Baselbiet sind drei Betroffene. Sie sind Ende 40 und alleinerziehend. Isabelle arbeitet mit einem 80-Prozent-Pensum in einer Bäckerei. Der Job sei aber so schlecht bezahlt, dass sie unter dem Existenzminimum lebe. Sévérine hat einen 40-Prozent-Job und wartet auf den IV-Entscheid. Auch bei ihr reiche das Einkommen nicht. Chris ist nach dem Tod seiner Frau vor elf Jahren in der Armutsfalle gelandet.
Diese drei und rund 700 weitere Armutsbetroffene sind heilfroh um die Unterstützung des Vereins Phari. Dieser verteilt viermal wöchentlich und mit der Unterstützung von fast 100 Freiwilligen in Therwil und Reinach im Baselbiet «Wuchegugge» mit frischen Lebensmitteln. In Basler Dialekt ist eine «Gugge» eine Tasche.
Potenzieller Foodwaste für einen guten Zweck
Diese Taschen sind mit Früchten und Gemüse gefüllt – manchmal auch mit Hygieneprodukten oder Frischwaren von lokalen Bäckereien, Metzgereien und Bauernhöfen. «Es sind die frischen Lebensmittel, die das Budget belasten. Denn die sind teurer», erklärt Vereinsgründerin Gabi Huber.
Unkomplizierte Hilfe für Armutsbetroffene
-
Bild 1 von 4. Die «Wuchegugge» ist gefüllt mit frischen Lebensmitteln und Hygieneprodukten. Bildquelle: SRF / Peter Fritsche.
-
Bild 2 von 4. Die Gründerinnen des Vereins Phari: Gabi Huber (l.) und Brigitte Marques. Bildquelle: SRF / Peter Fritsche.
-
Bild 3 von 4. Sie sind froh um die Unterstützung (v.l.): Sévérine, Isabelle und Chris im Vereinscafé. Bildquelle: SRF / Peter Fritsche.
-
Bild 4 von 4. Rund hundert freiwillige Helferinnen und Helfer engagieren sich bei der Vorbereitung und der Lebensmittelabgabe. Bildquelle: SRF / Peter Fritsche.
Die meisten Lebensmittel liefert die Stiftung «Schweizer Tafel». Diese sammelt in der ganzen Schweiz überschüssige Esswaren bei Grossverteilern und im Detailhandel.
Es gelten klare Regeln
Für den Bezug der «Wuchenguggen» gelten klare Regeln: Es gibt nur eine Tasche pro Woche, und man muss sich vorgängig für eines der Abgabe-Zeitfenster anmelden. Zuallererst müssen sich die Betroffenen beim Verein Phari registrieren. Dabei müssen sie nachweisen, dass ihr Einkommen am oder unter dem Existenzminimum liegt.
Die Hilfe richtet sich gezielt an Bewohnerinnen und Bewohner von Therwil, Reinach und Dörfern in der Umgebung. Die Zahl der Bezüger ist begrenzt, daher führt der Verein eine Warteliste.
Hier finden Sie weitere Informationen
Gegründet wurde Phari 2015 von Gabi Huber und Brigitte Marques. Startkapital: zwei Franken. Ihre Idee, Armutsbetroffene niederschwellig zu unterstützen, sei anfangs noch belächelt worden, erinnert sich Brigitte Marques: «Das hat uns aber erst recht angespornt. Wir haben uns gesagt: Denen zeigen wir's!»
Sozialberatung soll ausgebaut werden
Und es hat sich gelohnt, dass die beiden Frauen hartnäckig geblieben sind. Das Projekt geniesst heute die Unterstützung von zahlreichen Privatpersonen und Stiftungen. Zwei davon finanzieren den Vereinsgründerinnen einen Lohn sowie die 20-Prozent-Stelle einer Sozialhelferin.
Diese niederschwellige Sozialberatung soll bald ausgebaut werden: «Wir merken, dass das ein Riesenbedürfnis ist. Viele Menschen haben Mühe mit der Lektüre von behördlichen Schreiben oder dem Verfassen von Bewerbungen, zum Beispiel.»
Dank zusätzlichen Spenden kann der Verein die registrierten Armutsbetroffenen auf Antrag auch anderweitig unterstützen: etwa eine Brille finanzieren, einen Zoobesuch oder Fussballschuhe für die Kinder. Doch das Projekt bleibt auch weiterhin auf Spenden angewiesen, Subventionen gibt es nicht.
Der Name Phari stammt übrigens aus dem Portugiesischen. «Farol» ist ein Leuchtturm – «die Hilfe in der Not», wie Gabi Huber erläutert.