Ein Familienvater aus Schaffhausen steckt tief in den Schulden. Online sucht er nach Hilfe und stösst auf die vielversprechend wirkende Internetseite der Firma Evolutio mit Sitz in Malans GR. Diese vermittelt ihn weiter an die Luzerner Finanzsanierungs-Firma Neogreen.
Bei beiden Firmen muss er einen Vertrag unterschreiben und vorab schon einen Haufen Geld einzahlen: Allein für die Vermittlung werden ihm über 4000 Franken verrechnet. Neogreen kassiert darauf noch mal 5000 Franken ab. Dort verspricht man ihm, mit seinen Gläubigern Kontakt aufzunehmen, um Ratenzahlungen zu vereinbaren.
Leute mit Schulden werden ausgenützt und abgezockt. Das ist nicht korrekt.
Als sich der Kunde bei den Gläubigern meldet, erfährt er, dass diese nicht mit Neogreen zusammenarbeiten wollen. Offenbar, weil sie schlechte Erfahrungen mit dieser Firma gemacht haben. Nun zieht der Familienvater die Notbremse und kündigt den Vertrag. Neogreen will jetzt gleich nochmals über 11'000 Franken kassieren. Dieses Geld zahlt der Mann allerdings nicht mehr.
Tipps vom Schuldenberater
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Die Beispiele in diesem Artikel seien typisch für das Vorgehen gewisser privater Finanzsanierer, sagt Raphael Kuster, Co-Geschäftsleiter der Berner Schuldenberatung. Man gaukle den Leuten eine schnelle Lösung vor und bitte sie gleich zur Kasse. Wenn das Ganze scheitert, «reagieren sie mit grossem Widerstand».
Kuster rät, sich nicht von tollen Websites und Versprechungen blenden zu lassen und: «Nichts einzahlen, wenn man noch keine Leistung gesehen hat.» Fällt jemand auf einen unseriösen Finanzsanierer herein: «Sofort schriftlich den Auftrag widerrufen und einen Rechenschaftsbericht verlangen.»
Und wenn man betrieben werde: Rechtsvorschlag machen.
Seriöse Schuldenberatungen findet man hier.
Sie zeichneten sich unter anderem durch ein ausführliches, persönliches Vorgespräch aus, so Kuster.
Dabei mache man eine Auslegeordnung und erstelle ein realistisches Budget. «Wir versuchen, mit dem finanziellen Spielraum der Klientinnen und Klienten, das Beste herauszuholen.» Bei der Schuldenberatung des Kantons Bern ist die Erstberatung kostenlos und danach koste es etwas. Aber deutlich weniger als bei den erwähnten Firmen.
Ähnlich wie ihm ist es zwei weiteren Betroffenen ergangen, die sich beim SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» gemeldet haben. Sie haben bei Evolutio und Neogreen über 1000 bzw. 2000 Franken verlocht. Sein Geld sei weg, aber er wolle andere Menschen mit finanziellen Problemen warnen, sagt ein Mann aus dem Kanton Solothurn: «Genau diese Leute werden hier ausgenützt und abgezockt. Und das ist nicht korrekt.»
Finanzsanierer weisen die Kritik zurück
Evolutio und Neogreen weisen die Kritik auf schriftlichem Weg entschieden zurück. Sie sind der Ansicht, sie hätten alles richtig gemacht – gemäss Vertrag und ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die Schuld dafür, dass die Sanierung in den oben genannten Fällen gescheitert ist, schieben die beiden Firmen den ehemaligen Kunden zu. Diese hätten die Verträge und AGB vor dem Unterschreiben genauer lesen müssen, schreiben sie. Und sie hätten zum Teil falsche Erwartungen gehabt oder seien vorschnell abgesprungen.
Die Ermittlungen seien noch im Gange, heisst es bei der Bundesanwaltschaft auf Anfrage des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso». Man gehe davon aus, dass «mutmasslich eine oder mehrere international tätige Gruppierungen natürlicher Personen ein gross angelegtes Geflecht von rund 90 Mantelgesellschaften für ihre betrügerischen Machenschaften benutzt haben». Zudem stelle die hohe Anzahl von mehreren Hundert Geschädigten «eine grosse Herausforderung für die Ermittlungen» dar.
Für Betroffene gut zu wissen: Solange die Ermittlungen noch laufen, können sie bei der zuständigen Kantonspolizei gegen mutmasslich fehlbare Finanzsanierungs-Firmen Anzeige erstatten. Ob auch die im Artikel erwähnten Firmen Teil der Ermittlungen sind, bleibt offen. Die Bundesanwaltschaft nennt keine Namen.
Evolutio schreibt, man sei schon mehrfach im Visier der Behörden gewesen, aber diese Ermittlungen seien alle eingestellt worden. Bei Neogreen heisst es, man wisse nichts von einem Verfahren.
Dass Gläubiger nicht mit Neogreen zusammenarbeiten, sei ein Ausnahmefall: «Die überwiegende Mehrheit der kundenspezifischen Gläubiger arbeitet konstruktiv und erfolgreich mit uns zusammen.»
Zur Frage, wie die beiden Firmen auf die teils horrenden Summen kommen, die sie den Betroffenen verrechnet haben, heisst es unter anderem, auch dies sei so vereinbart gewesen und branchenüblich.
Nachdem sich SRF eingeschaltet hat, streicht Neogreen den Betroffenen immerhin die offenen Forderungen. Von einer Rückerstattung will die Firma allerdings nichts wissen. Evolutio gibt sich kulanter und will die einbezahlten Beträge zurückzahlen, aber nur, wenn die Betroffenen darlegten, wo und wie «deren Irrtum oder Fehlberatung entstanden sein soll».
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