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Liebe am Arbeitsplatz «Darf mir der Chef eine Beziehung mit einer Kundin verbieten?»

Sich verlieben ist ein Menschenrecht. Doch dürfen Angestellte dieses Recht auch am Arbeitsplatz ausleben?

«Muss ich mir so etwas bieten lassen?», möchte ein Mitarbeiter eines Fitnessstudios wissen und schreibt dem Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 ein emotionales Mail.

Sein Frust ist verständlich. Der Fitnesstrainer hatte sich unlängst in eine Kundin verliebt. Die Beziehung hielt nicht lange. Als der Trainer kurze Zeit später wieder mit einer Kundin anbandelte, hatte der Chef genug. So etwas gehe nicht und sei «geschäftsschädigend». Für den Fitnesstrainer ist diese Bemerkung «grenzwertig». Also: Wie sieht die Angelegenheit rechtlich aus?

Sich verlieben ist ein Menschenrecht

Beziehungen eingehen und sich verlieben sind durch die Bundesverfassung geschützte Rechte. Diese Rechte dürfen von staatlichen Behörden nur unter strengen Voraussetzungen eingeschränkt werden. Damit eine Behörde die persönliche Freiheit einer Person beschränken kann, muss sie ihr Handeln auf ein Gesetz stützen können. Zudem muss die Beschränkung im Interesse der Öffentlichkeit und verhältnismässig sein.

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Private Arbeitgeberinnen sind jedoch keine staatlichen Behörden. Sie haben laut Gesetz die Persönlichkeit ihrer Angestellten explizit zu schützen. Allerdings hat eine Arbeitgeberin ein Weisungsrecht.

Sie darf ihren Angestellten vorschreiben, wie diese die Arbeit zu erledigen und wie sie sich am Arbeitsplatz zu verhalten haben. Eine Weisung darf aber nur so weit gehen, dass sie die persönliche Freiheit eines Angestellten nicht verletzt.

Aus diesem Grunde darf ein Unternehmen seinen Angestellten nicht grundsätzlich verbieten, sich in andere Angestellte oder Kundinnen zu verlieben und mit ihnen Beziehungen einzugehen.

In Banken oder Verwaltungen müssen Beziehungen offengelegt werden

Aber: Ein Unternehmen darf Weisungen für das Verhalten am Arbeitsplatz aufstellen. So gilt in vielen grossen Unternehmen und in öffentlichen Verwaltungen, dass Beziehungen zwischen einer Vorgesetzten und einer untergebenen Person offengelegt werden müssen. Diese Weisung soll verhindern, dass Angestellte bevorzugt oder benachteiligt werden.

Bei Banken, Versicherungen oder Revisionsgesellschaften gibt es weitergehende Weisungen. Um Interessenskonflikte zu verhindern, dürfen dort Angestellte keine Verträge mit Familienangehörigen, Freundinnen und Freunden oder Liebespartnerinnen und Partnern abschliessen und diese auch nicht beraten. Solche internen Weisungen bilden Teil des Anstellungsvertrages und müssen von den Angestellten unterschrieben werden.

Im Fitnessstudio des «Espresso»-Hörers gilt kein solches Reglement. Ein solches wäre rechtlich auch fragwürdig, weil in diesem Bereich kein Interessenskonflikt droht. Der Arbeitgeber darf seinem Angestellten nicht verbieten, sich in Kundinnen zu verlieben oder Kundinnen nach der Arbeit zu treffen. Er darf einzig im Rahmen seines Weisungsrechts von seinen Angestellten verlangen, sich am Arbeitsplatz diskret zu verhalten.

Weiterführende Links

Espresso, 28.02.24, 08:10 Uhr

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