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Kaufverträge «Nach Zusage: Darf der Verkäufer an jemand anderen verkaufen?»

Schnäppchenjäger und Preisbewusste lieben Verkaufsplattformen. Leider tummeln sich dort auch unseriöse Anbieter. «Espresso» sagt, wann ein Vertrag verbindlich ist und wie man sich als Kunde absichert.

Eine ärgerliche Sache: Auf einer Verkaufsplattform entdeckt ein «Espresso»-Hörer aus Solothurn eine Lautsprecheranlage, ausgeschrieben für 2000 Franken. Ein Schnäppchen. Sofort bekundet der «Espresso»-Hörer dem Verkäufer in einem Mail sein Interesse. Wenig später ruft dieser zurück, man wird sich einig und vereinbart den Abholtermin.

Wenig später bekommt der «Espresso»-Hörer ein Mail des Verkäufers. Er hätte weitere Angebote bekommen und deshalb den Preis auf 3000 Franken angehoben: «Falls Sie noch interessiert wären, bitte ich Sie um Info».

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Der Käufer der Anlage protestiert und pocht auf die Vereinbarung. Die Antwort kommt prompt: Die Anlage sei soeben verkauft worden.

«Muss ich so etwas wirklich hinnehmen? Bleibt mir nichts anderes übrig, als die Faust im Sack zu machen?», möchte der geprellte Kunde vom Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 wissen. Schliesslich seien doch auch mündliche Abmachungen verbindlich.

Mündliche Zusagen sind verbindlich, aber ...

Der «Espresso»-Hörer hat recht: Die meisten Verträge des Alltags kommen mündlich zustande. Wo – wie bei Kaufverträgen – das Gesetz keine anderen Vorschriften aufstellt, ist eine Zusage verbindlich. Und wo das Gesetz – wie bei Haustürgeschäften – kein Rücktrittsrecht vorsieht, gibt es von einem Vertrag auch kein Rücktrittsrecht. Weder für den Käufer noch für den Verkäufer.

Die Rechtslage ist klar. Der «Espresso»-Hörer könnte den vertragsbrüchigen Verkäufer also auf Schadenersatz verklagen. Davon ist ihm aber abzuraten, denn er kann das Zustandekommen des Vertrages nicht beweisen.

... man muss es beweisen können

Für ein andermal ist er nach dieser unerfreulichen Erfahrung jedoch gerüstet: Wer zum Beispiel telefonisch einen Vertrag abschliesst, sollte der anderen Partei im Anschluss ein kurzes Mail schicken und darin das Vereinbarte festhalten. Widerspricht der Empfänger nicht, so ist ein solches «Bestätigungsmail» zwar kein unumstösslicher Beweis für das Zustandekommen eines Vertrages, aber immerhin ein guter Hinweis darauf. In einem Gerichtsverfahren müsste dann die Gegenpartei beweisen, dass kein Vertrag zustande gekommen ist.

Der «Espresso»-Hörer aus Solothurn schaut sich jetzt nach einem anderen Angebot um. Noch einmal wird er nicht die Faust im Sack machen müssen.

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