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Tennisstar über Zeit in Haft Boris Becker: «Im Gefängnis war ich nur eine Nummer»

Nach 231 Tagen hinter Gitter sieht Boris Becker sein Leben anders. Bei «Late Night Switzerland» spricht er darüber.

Als Boris Becker in Zürich auf der Bühne von «Late Night Switzerland» begrüsst wird, brandet Applaus durch das Kaufleuten. Der 58-Jährige nimmt ihn gelöst an – doch seine Worte über das Gefängnis tragen Gewicht. Becker erinnert sich präzise an A2923EV, seine Zellennummer: «Man wird nicht mit Namen angesprochen, sondern mit der Nummer.» 231 Tage verbringt er so – mit Badge um den Hals, teilweise auch nachts.

Diese Zeit habe ihn verändert, erklärt er. Sie habe ihn gereinigt. «Diese teuflischen Dinge, die ich in mir hatte. Diese Grenzenlosigkeit, immer weiter zu gehen, als es vielleicht gut war.» Der innere Antrieb, alles zu überreizen, sei verschwunden. Heute, sagt er, wisse er klarer, was ihm guttut – und was nicht.

Der Kampf gegen den eigenen Spiegel

Moderator Stefan Büsser spricht Becker auf sein Buch «Inside» an, in dem er über den Satz «Man in the Mirror» schreibt. Becker erzählt, dass er sich im Spiegel immer wieder dem 17-Jährigen gegenüberstellt, der Wimbledon gewann. Dieser innere Gegner habe ihn lange begleitet.

«Das war immer der Teufel, den ich innen drin hatte, den habe ich nicht mehr, den habe ich verloren.» Eine Reise, die 1985 begann, sei im Gefängnis zu Ende gegangen. Heute sei er ein anderer Mensch, bewusst und reflektiert.

Zwischen Schuld und Schweigen

Die Fehler der Vergangenheit verharmlost Becker nicht. Er spricht offen darüber, wie viel Einfluss falsche Entscheidungen und die falschen Menschen um ihn herum hatten. «Ich war empfänglich für schlaue Berater», sagt er. Büsser hakt provokant nach: «Dachten Sie nie: ‹Ich hätte auch einen Balljungen fragen können.›?»

Becker sei ein Menschenfreund und glaube anderen oft zu schnell. Das habe ihn angreifbar gemacht. Heute übernimmt er Verantwortung: «Letztendlich war es meine Entscheidung, ich will auch keinem die Schuld zuschieben.»

Lilian – die Frau, die bleibt

Wenn Becker über seine Frau Lilian de Carvalho Monteiro spricht, wird er nachdenklich. Die 35-jährige Risiko-Analystin sei in sein Leben gekommen, als er 2018 an einem Tiefpunkt stand: «Meine Frau hat mich verlassen, ich bin insolvent und mein Knie ist kaputt.» Doch Lilian blieb und fragte ihn: «Wie geht es dir eigentlich?» So eine persönliche Frage habe ihn lange keiner gestellt. Diese Ehrlichkeit beeindruckt ihn bis heute. Becker sagt lachend: «Sie ist meine dritte Ehefrau und meine letzte, versprochen.» Büsser kontert: «Sie ist eine gute Risiko-Analystin: Mit dem kaputten Knie läufst du ihr nicht weg.»

Entscheidend für ihre gemeinsame Zukunft war auch die Familienplanung. Lilian habe den Wunsch geäussert, ein Kind zu bekommen – und Becker wusste, dass das eine grundlegende Frage ist. Er sagt deutlich: «Hätte ich Nein gesagt, wäre sie heute wahrscheinlich nicht meine Ehefrau.» Zudem erzählt Becker: «Man muss Fair Play mit einem jüngeren Partner spielen».

Vaterglück – zum fünften Mal

Becker wird im Dezember zum fünften Mal Vater. Mit 27 war er zum ersten Mal Vater, nun – mit 58 – sagt er: «Wir freuen uns sehr auf unser erstes gemeinsames Kind». Der Termin ist Anfang Dezember, und Becker beschreibt das Gespräch mit Lilian vor seiner Reise nach Zürich: «Bitte bleib im Bett liegen und rühre dich nicht, ich bin morgen früh wieder zuhause.»

Am Ende fasst Becker sein Leben in ein Tennismatch: «Ich glaub, dass ich gerade im fünften Satz bin und vielleicht sogar mit einem Break in Führung.»

SRF 1, Late Night Switzerland, 9.11.2025, 21:45 Uhr ; 

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