Barcelona ist in Feierlaune: Fünf Tage nach dem Einzug in den Champions-League-Final dürfen die Katalanen den Gewinn der 23. Meisterschaft bejubeln. Der erste Titel ist gewonnen, mit Champions League und Cup winkt weiterhin das «Triple».
Machtkampf zwischen Messi und Luis Enrique
Dabei hatte das Jahr für Barcelona schlecht begonnen. Am 4. Januar verlor man in San Sebastian 0:1 und lag 4 Punkte hinter Real auf Rang 2. Obwohl erst 17 Runden in der Meisterschaft gespielt waren, stiess die Niederlage den Klub in eine veritable Krise. Coach Luis Enrique hatte Lionel Messi und Neymar in der ersten Halbzeit nur auf der Bank gelassen, was diese gar nicht goutierten.
Messi, der zu diesem Zeitpunkt 11 Liga-Tore weniger auf dem Konto hatte als Cristiano Ronaldo, schwänzte am Dreikönigstag demonstrativ das traditionelle öffentliche Training für Kinder und Fans. Ein Machtkampf zwischen Trainer und Superstar war entbrannt. Messi und Luis Enrique sprachen nicht mehr miteinander.
Sportchef entlassen – Neuwahlen einberufen
Auch in der Führungsetage brodelte es. Präsident Josep Maria Bartomeu kündigte unter Druck an, sich im Sommer einer möglichen Abwahl zu stellen. Gehen musste vorerst ein Anderer: Sportchef Andoni Zubizarreta. Der langjährige Barcelona-Goalie hatte nach der Niederlage in San Sebastian Präsident Bartomeu verantwortlich gemacht für die von der FIFA verhängte Transfersperre. Die Quittung folgte auf dem Fuss.
Dabei hatte Zubizarreta nebst einigen Fehlgriffen wie Thomas Vermaelen (der Belgier absolvierte noch kein Spiel) und Douglas (der Brasilianer kommt auf 72 Minuten) Vieles richtig gemacht. Mit Claudio Bravo und Marc-André ter Stegen wurde das Goalie-Problem nach dem Abgang von Victor Valdes endlich gelöst. Und mit Ivan Rakitic ein fähiger Mann fürs Mittelfeld verpflichtet.
Dass man für den 31-jährigen Innenverteidiger Jeremy Mathieu 20 Millionen Euro hinblätterte, löste in Barcelona Kopfschütteln aus. Doch ausgerechnet der Franzose war es, der beim wegweisenden 2:1-Sieg im «Clasico» gegen Real im März zur Führung traf. Dass auch 80-Millionen-Einkauf Luis Suarez erst nach Zubizarretas Abgang so richtig in Schwung kam, machte den Basken endgültig zum Bauernopfer.
Messi und der grosse Wandel
Entscheidend für den Gewinn des 23. Meistertitels war jedoch die Leistungsexplosion von Messi. 26 Liga-Tore schoss der Argentinier seit jenem Spiel in San Sebastian. Sein Verhältnis zu Luis Enrique normalisierte sich, auch weil Messi seither jede Minute auf dem Platz stand.
Mit 27 Jahren erfand sich der Jahrhundertfussballer quasi neu. Er überliess das Sturmzentrum Luis Suarez und übernahm in Abwesenheit von Xavi vermehrt die Rolle des Spielgestalters.
Wie weiter mit Luis Enrique?
Barça hat also eine fabelhafte Rückrunde hingelegt. Dennoch steht ein heisser Sommer bevor. Denn Bartomeu dürfte nach den Wirren um Neymars Wechsel (den er als Vize-Präsident unter Sandro Rossell miterlebte) kaum wiedergewählt werden. Möglich ist, dass ein neuer Präsident auch bei einem allfälligen «Triple» mit Cup, Meisterschaft und Champions League einen neuen Trainer installieren wird.
Sendebezug: Radio SRF 4 News, Morgenbulletin, 18.5.2015, 06:17 Uhr.