Es war nichts Geringeres als ein Luxusproblem, mit welchem sich der Schweizer Schiesssportverband Anfang Oktober konfrontiert sah. Er musste sich entscheiden, welche Olympiasiegerin mit zur WM in Kairo fahren darf und welche Olympiasiegerin zu Hause bleiben muss. Zum Handkuss kam schliesslich Nina Christen, die 2021 in Tokio triumphiert hatte. Chiara Leone, amtierende Olympia-Championne im Dreistellungswettkampf, hatte das Nachsehen.
Dass nur eine der beiden Olympiasiegerinnen Platz im Schweizer 50-m-Gewehr-Trio hatte, sagt viel über die Stellung von Emely und Vivien Jäggi in der Schweizer Delegation aus. Die beiden Schwestern aus dem Kanton Solothurn waren nämlich gesetzt und mussten beim Entscheid des Verbands vor rund einem Monat nicht um ihr WM-Ticket bangen.
Nur dabei sein, ist längst nicht mehr alles
Die 17-jährige Emely und die zwei Jahre ältere Vivien sind weit mehr als nur Schweizer Zukunftshoffnungen. Längst haben sich die beiden auch bei der Elite bewiesen. Emely Jäggi ist gar die Nummer 5 der Weltrangliste.
Die Schwestern hegen bei den Titelkämpfen in Ägyptens Hauptstadt denn auch Ambitionen – nur dabei sein, ist längst nicht alles. «Wir haben das Privileg, noch Juniorinnen zu sein. So können wir etwas am Ego unserer Gegnerinnen kratzen. Das ist unser Ziel», sagt Vivien Jäggi. Und die Juniorinnen-Weltmeisterin von 2023 im Dreistellungs-Wettkampf fügt an: «Wir wollen ihnen zeigen, dass auch wir parat und so gut wie sie sind.»
Emely Jäggi: 2024 noch übergangen, nun der Schweizer Trumpf
Emely Jäggi ist das vielleicht grösste Schiess-Talent, welches die Schweiz je hatte. Ihre Nicht-Nomination für Olympia 2024 in Paris als damals noch 15-jährige Teenagerin sorgte für gehörig Aufruhr hierzulande. Ein Jahr später gab es kein Vorbeikommen mehr an der Gewehr-Schützin.
Dass Emely Jäggi der WM-Ort Kairo liegt, bewies sie im Vorjahr, als sie bei ihrem Weltcup-Debüt bei der Elite als Dritte sensationell auf dem Podest stand. Dies ebenfalls im Alter von gerade einmal 15 Jahren.
Los Angeles als Traumziel
«Es ist zwar nicht der erste Wettkampf, den wir zusammen bestreiten. Gleichwohl ist es etwas sehr Spezielles, dass wir gemeinsam zur WM können», sagt Emely Jäggi. «Es ist mega schön und ein Vorteil, dass wir einander haben. Denn zusammen schaffen wir alles.»
Die WM in Kairo (6. bis 18. November) soll indes nur ein Etappenziel sein für die Jäggi-Schwestern. Der ganz grosse Traum der beiden Solothurnerinnen ist eine gemeinsame Teilnahme an den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles.