Zum Inhalt springen

Beinahe ausgeschlossen «König Kamil» der Dritte: Stoch trotzt auch dem Corona-Chaos

Kamil Stoch hatte die Vierschanzentournee fast schon verloren, bevor sie begann. Nun ist der Pole der grosse Sieger.

Polens «König Kamil» ist längst ein Gentleman der Schanzen: wortgewandt, höflich, bescheiden, skandalfrei, eine Art Roger Federer des Wintersports. «Ich versuche, mich nur auf mich und meine Sprünge zu konzentrieren», sagte der 33-Jährige über sein Erfolgsrezept, mit dem er in Bischofshofen zum zweitältesten Tourneesieger der Geschichte wurde.

Sein dritter Sieg beim Klassiker war nicht so emotional wie der erste, als Stoch 2017 im letzten Springen den Norweger Daniel Andre Tande noch abgefangen hatte. Er war nicht so geschichtsträchtig wie der zweite 2018, als er den Grand Slam mit vier Tageserfolgen geschafft hatte. Dieser nun war aber derjenige unter den schwierigsten Voraussetzungen.

Von der Quarantäne zum Erfolg

Eigentlich war die Tournee für Stoch schon vor dem ersten Springen verloren. Nach einem positiven Corona-Test bei Klemens Muranka musste das gesamte polnische Team in Oberstdorf in Quarantäne und wurde vom Auftaktspringen scheinbar ausgeschlossen. Der polnische Boulevard tobte, Fans und Politik zürnten. Und Stoch? Von ihm kam kein böses Wort in Richtung Organisatoren, er verfolgte in professioneller Gelassenheit den Gang der Dinge.

«Ich bin sehr glücklich, dass wir die Chance erhalten anzutreten», sagte er, nachdem Stoch und die Polen nach der Qualifikation doch wieder ins Wettkampffeld aufgenommen wurden. Trotz der unschönen Ouvertüre war Stoch von Anfang an vorne mit dabei, und spätestens in Innsbruck, als er mit seinem ersten Saisonsieg die Gesamtführung übernahm, lief alles für ihn.

«König Kamils» Popularität in Polen

Polens Springer werden seit Jahren verstärkt von der Öffentlichkeit abgeschirmt, der Trubel in der Heimat ist immens – Stochs Popularität ist nur mit der von Weltfussballer Robert Lewandowski vergleichbar. Stoch, der längst seinen grossen Vorgänger Adam Malysz überflügelt hat, ist trotzdessen ein ganz aussergewöhnlich gewöhnlicher Typ geblieben. Er beschreibt sich selbst vor allem in Haushaltsdingen als grossen Tollpatsch und ist seit zehn Jahren mit seiner Managerin Ewa verheiratet.

Seit dem Winter 2010/11 belegte er im Weltcup-Schlussklassement mit einer Ausnahme stets einen Top-10-Platz. Inzwischen ist er bei 38 Weltcupsiegen angelangt. In seiner riesigen Erfolgssammlung fehlt Stoch nur der Titel des Skiflug-Weltmeisters. Gewinnt er diesen, wäre er der nach Matti Nykänen erst der zweite Springer überhaupt, der Gesamtweltcupsieger, Olympiasieger, Tourneesieger, Weltmeister und eben Skiflug-Weltmeister wäre.

Resultate

SRF zwei, sportlive, 6.1.2021, 16:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel