Alles begann mit einer Notlüge. Lando Norris war fünf Jahre alt, und er liebte sein Quad. Täglich jagte er die Maschine mit den vier grossen Rädern rasend schnell und in bedenklicher Schieflage um die Kurven – bis sie eines Tages einfach weg war. «Mein Vater sagte mir damals, das Quad sei gestohlen worden», erzählt Norris rückblickend, «aber er hat es verkauft. Er fand es zu gefährlich für mich.»
Der kleine Lando brauchte also ein neues Hobby, und über ein paar Umwege sass er bald im Kart. Damit begann eine Reise, die ihn nun, fast 20 Jahre später, zum Gipfel geführt hat: Seit Sonntag ist Norris zum ersten Mal Weltmeister der Formel 1. Der Engländer schenkte McLaren damit den ersten Fahrertitel seit 2008, und er erfüllte ein Versprechen, das er schon eine ganze Weile mit sich herumtrug.
Jüngster Kart-Weltmeister aller Zeiten – dunkle Zeiten in der Formel 1
Denn Norris wurde bereits mit 14 Jahren jüngster Kart-Weltmeister der Geschichte, er gewann die Formel 4 auf Anhieb, wurde als Rookie auch zum jüngsten Sieger der Europäischen Formel 3 und zudem Vizemeister der Formel 2. «Er hat so ziemlich in jedem Auto, in das er sich gesetzt hat, direkt gewonnen», sagt McLaren-CEO Zak Brown. Norris war stets ein Ausnahmetalent und als Sohn eines Millionärs zudem äusserst privilegiert im teuren Nachwuchs-Rennsport. Einfach war der Weg zum WM-Titel dennoch nicht.
Seit 2019 schon fährt Norris in der Formel 1, im vergangenen Jahr baute ihm McLaren erstmals ein siegfähiges Auto. Regelmässig gab es nun enge Duelle mit Max Verstappen, Norris ging immer wieder als Verlierer daraus hervor, und so entwickelte sich ein neuer Blick auf ihn: Ein riesiges Talent, ja, aber zu weich, wenn es wirklich ernst wird. Jahrelang habe Verstappen «auf der Strecke Norris' Selbstvertrauen untergraben», so ordnet es die englische Daily Mail ein. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte», sagte er später dem GQ-Magazin: «Ich habe das alles in mich hineingefressen, und das hat meinem Selbstwertgefühl wirklich geschadet.»
Norris entschied sich irgendwann, offen damit umzugehen, sprach über seine Probleme und über mentale Gesundheit. Es kümmere ihn auch heute noch sehr, «was die Leute über mich denken», sagte er zuletzt, «aber ich habe gelernt, besser damit umzugehen.» Letztlich endete es bestmöglich: im Weltmeister-Titel.