Ein kurzes Sprühen in die Nase und schon ist die Gefahr einer Infektion mit Covid-19 gebannt. So stellt sich Volker Thiel die Anwendung seines Covid-Impfstoffes künftig vor. Seit Beginn der Pandemie forscht er mit einem Team in verschiedenen Teilen der Schweiz und Deutschland an einer Impfung mit abgeschwächten Coronaviren: «Wir sind zuversichtlich, weil wir sehr gute präklinische Daten haben.»
Laut Thiel deuten diese Daten darauf hin, dass seine Impfung besseren Schutz vor Infektion und Krankheit biete, weniger Nebenwirkungen habe und einfacher anzuwenden sei als bisherige Covid-Impfstoffe. Nun wurden neuen Daten zu den Tierversuchen veröffentlicht.
Seine Forschungsresultate haben jedoch ein grosses «Aber», denn bis Thiels Ziele Realität werden, ist es noch ein weiter Weg. Die Daten beruhen auf Tierversuchen und wurden noch nicht am Menschen bestätigt. Die Aussagekraft ist deshalb begrenzt. Zudem handelt es sich noch um ein Preprint , welches jetzt unabhängig überprüft werden muss.
Abgeschwächte Viren
Trotzdem sind seine Resultate spannend, denn Thiel arbeitet statt mit mRNA-Technologien mit dem klassischen Impfprinzip der abgeschwächten Viren. Es findet eine kurze Infektion statt, die rechtzeitig gestoppt wird.
In der Studie konnten untersuchte Hamster und Mäuse schneller auf die Viren reagieren und waren besser geschützt gegen Erkrankung. Sie haben einen sogenannten «vollen Schutz» entwickelt, der besser vor Ansteckungen schützt, «Und das können wir im Tierversuch ganz gut nachweisen», sagt Thiel.
Der Weg über die Nase
Ein weiterer Vorteil: Die Verabreichung auf die Nasenschleimhaut, dort wo auch das Virus eintritt. Nach einer Impfung können die Coronaviren direkt an der Eingangstür abgewehrt werden.
Doch nicht alle setzen in den nasalen Ansatz gleich grosse Hoffnung. Der US-amerikanische Immunologe Paul Offit relativiert: «Es ist unwahrscheinlich, dass die nasalen Impfstoffe einen besseren Schutz für einen längeren Zeitraum bieten.» Offit befürchtet, dass die generierten Antikörper zu kurzlebig seien.
Volker Thiel sieht hier allerdings Potenzial in den «oft unterschätzen Gedächtnis- und T-Zellen», die in seinem Ansatz länger vor Krankheit schützen sollen. Und: «Der Impfstoff kann saisonal aufgefrischt werden, so wie bei der Grippeimpfung.»
Wieso ein neuer Impfstoff?
Immerhin schützen die bestehenden mRNA-Impfstoffe gut vor schwerer Erkrankung und Tod und die akute Phase der Pandemie ist überwunden. Doch es gäbe Personen, die besser geschützt werden könnten. «Besonders solche Bevölkerungsgruppen, die eventuell mit schweren Verläufen rechnen müssen und andere Erkrankungen haben, auch ältere Leute», sagt Thiel. Es sei deshalb wichtig, solche Konzepte zu testen und Impfstoffe weiterzuentwickeln, auch im Hinblick auf kommende Pandemien.
Klar ist jedoch: Es wird noch Jahre dauern, bis der Impfstoff auf den Markt kommt, denn zuerst stehen anspruchsvolle und langwierige Tests am Menschen an. Das findet Volker Thiel angemessen, es brauche diesen erhöhten Zeitdruck wie zu Beginn der Pandemie nicht mehr.