Sie fiel auf. Durch ihr Talent, ihren Humor, und ja, ihre verrückte Frise. Die wirklich wahnsinnig kleine Agnès Varda war ganz gross. Und wie gross ihr Herz und ihr Gespür für Menschen waren: Das zeigt sich im Dok-Film «Visages, villages», den sie zusammen mit dem Street-Art Künstler JR zwei Jahre vor ihrem Tod 2019 realisierte.
Zwei Künstler, zwei Generationen, ein Bus: Gemeinsam reisen Varda und JR von Dorf zu Dorf. Sie sind auf der Suche nach Menschen. Menschen, deren Gesichter sie mit der Fotokamera einfangen wollen. Ein Briefträger, eine Barfrau, ehemalige Bergbauarbeiter: Alle sollen für einmal gross rauskommen – auf riesigen Porträts, die sie an Fassaden oder Felswände kleben.
Als Film-Duo sind die classy Nouvelle-Vague-Dame und der Coole mit der Sonnenbrille ein Lichtblick in trüben Zeiten. «Visages, villages» ist ein Roadmovie, das uns zu den Menschen führt, eine Gemeinschaft zwischen Fremden schafft. Eine Wohltat in Zeiten der Distanz.
Nur bei einem alten Bekannten, den die beiden in der Romandie besuchen wollen, bleibt die Türe zu: bei Jean-Luc Godard. Er ist nicht in Quarantäne, hat aber keinen Bock auf Besuch. Auch das ist nur menschlich.
Der Dok-Film ist gegen Bezahlung auf myfilm.ch, der Streaming-Seite des Basler «Kultkino», verfügbar.