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Was lesen in diesen Zeiten? Nicola Steiner und Philipp Tingler liefern Buchtipps
Aus #srfzämedure vom 06.04.2020.
abspielen. Laufzeit 41 Minuten 25 Sekunden.
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In diesen Zeiten Kinderbücher lesen, die auch die Eltern trösten

Weiterdenken, weiterschauen: Briefe schreiben, Soulfood kochen und sich Sorge tragen – Janoschs Bücher lesen sich wie eine Anleitung gegen den Lagerkoller.

Innerlich fluche ich über etwa zwei Drittel des Bücherbestandes im Zimmer meines Kindes: zu plump die Geschichte, zu kompliziert, zu chauvinistisch, zu rassistisch, zu kapitalistisch, zu viel Halodrio, zu hochgestochen, zu viel Moral, zu wenig davon. Und oft ganz fürchterlich illustriert.

Dabei brauchen wir Eltern doch gerade in diesen Tagen und Wochen richtig guten Vorlesestoff, um die Laune nicht zu verlieren. Aufbauendes, Inspirierendes, mit Witz und gutem Geschmack.

Zuhause Fernweh haben

Ich habe die Geschichten zum Glück gefunden, die perfekt zu diesen Zeiten passen: Sie heissen «Komm, wir finden einen Schatz», «Oh, wie schön ist Panama», «Ich mach dich gesund, sagte der Bär» und «Post für den Tiger».

Der Kinderbuchautor Janosch zeigt mit seinen Tieren, wie schön das Leben zu Hause sein kann und wie wichtig das Fernweh trotzdem ist – mit viel Liebe und Schalk aufs Papier gebracht.

Klar, Janoschs Kinderbücher sind Klassiker. Aber sie spenden so viel Trost, als seien sie genau für heute geschrieben worden.

Der kleine Tiger zum Beispiel, der traurig hinter dem Haus vor sich hin prokrastiniert, erklärt, wie man trotz «physical distancing» den Kontakt mit seinen Liebsten aufrechterhalten kann: «Immer, wenn du weg bist, bin ich so einsam. Schreib mir doch mal einen Brief aus der Ferne, damit ich mich freue, ja!»

Sobald die Post eingetroffen ist, blüht der Tiger auf. Er hatte «jetzt wieder zu allem Lust und schälte die Zwiebeln, kochte Kartoffeln. Fegte die Stube und das Leben war schön.»

Küche statt Betriebskantine

Zwiebeln schälen, Kartoffeln rüsten – sowieso das Kochen nimmt in Janoschs Geschichten einen riesigen Stellenwert ein. Wie wohl bei vielen momentan, die jetzt ihre Zeit in der Küche statt in der Betriebskantine verbringen.

Der kleine Bär kocht «Springforelle mit Mandelkernsosse und Semmelbröseln» und «eine fabelhafte Bouillon mit Kartoffeln und Mohrrüben aus dem Garten. Etwas Petersilie dazu, und oben schwammen ein paar Fettäuglein, und als der Tiger gespeist hatte, ging es ihm schon wieder ein wenig besser» – wahrlich Nahrung für Körper und Seele.

Zu trinken gibt es Gänsewein: «Das hilft gegen alles und kann niemals schaden.»

Kind schaut ein Bilderbuch an. Im Hintergrund eine Illustration eines Bären, der kocht.
Legende: Der kleine Bär kocht eine Bouillon für den Tiger «und kleine Himbeeren aus dem Garten als Nachspeise». Getty Images / Bildmontage

Geschichten aus Tinte und Wasserfarben

Nicht fehlen darf natürlich der Pilz, den Janosch in jeder Küchenszene mit seiner Tintenfeder an einem Schnürchen an die Decke bindet. Seine Zeichnungen füllt er gekonnt mit Aquarell – bunte Farben für die Kissen auf dem «guten Sofa», zartes Blau für die geschminkten Augenlider der eleganten Gans und sattes Türkis für das Meer.

«Ich mach dich gesund, sagte der kleiner Bär»: Gegen das vermaledeite Virus gibt es noch kein Mittel. Aber gegen den Lagerkoller hat Janosch ein heilsames Rezept erfunden.

SRF Kultur Online, #srfzämedure, 06.04.20, 21:15 Uhr

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