Musik: Falco
Er hatte Chuzpe, Charme und Schmäh: Falco, Österreichs unvergessener Popstar. Sein Haar? Stets penibel gegelt. Sein Sound? Paradigmatisch für die 1980er-Jahre: hedonistisch, exaltiert, kunstvoll. Auch über die Schweiz hat der Popnarziss gesungen, genauer gesagt über den Opernhauskrawall in Zürich: «Schmeisst die Rockrabauken raus / Und renoviert das Opernhaus, aha».
Bis heute ist Falco der einzige deutschsprachige Künstler, dem es mit einem deutschen Song – «Rock Me Amadeus» – gelang, die Spitze der US-Charts zu stürmen. Heute liegen Hans Hölzl und sein Alter Ego Falco auf dem Wiener Zentralfriedhof begraben. Seine Songs bleiben Klassiker.
Literatur: Elfriede Jelinek
Rache, Selbstzerstörung, Neurosen, Österreichs Umgang mit Minderheiten, die Verdrängung des Nationalsozialismus, Machtverhältnisse, Rassismus – es sind düstere Themen, die Elfriede Jelinek in ihren Schriften und Stücken behandelt. Aber das immer mit Obszönität, Sarkasmus und Spott. Dafür wurde sie angefeindet, aber auch mit Preisen überschüttet.
Auch mit dem Literaturnobelpreis 2004. Doch dieser, verkündete Jelinek am Tag der Bekanntgabe, löse in ihr mehr Verzweiflung als Freude aus.
Ihr Roman «Die Klavierspielerin» (1983) brachte Jelinek literarischen Weltruhm. Es folgten weitere Bestseller und gefeierte Theaterstücke – stets ironisch, wienerisch, derb. Dieses Jahr wurde ihre Trump-Abrechnung «Am Königsweg» von der Theaterkritik gefeiert.
Pop: Conchita Wurst
Sie wird 2011 «geboren», die Conchita Wurst, die wir kennen. Die Person hinter der Kunstfigur aber kam schon 1988 zur Welt. Tom Neuwirth, ein Junge, der sich 2014 als Frau mit Bart an die Spitze des Eurovision Song Contests singt.
Die Reaktionen auf den Sieg fielen grösstenteils positiv aus, einige Österreicher hatten aber auch Mühe damit, dass eine bärtige Frau – «Ja dürfens denn des?» – die internationale Aufmerksamkeit auf die Alpenrepublik lenkt.
«Rise like a Phoenix» heisst der Gewinnersong von Conchita, die sich jüngst von ihrem Nachnamen verabschiedet hat. Der Grund? Wurst klinge auf Englisch wie «worst», das Schlimmste.
Heute singt, moderiert und tourt die Travestiekünstlerin auf verschiedenen Showbühnen und wird in den Medien für ihren Mut bejubelt, offen mit ihrer HIV-Erkrankung umzugehen.
Klassik: Wiener Philharmoniker
«Sie sind kein lauwarmes Orchester», schreibt Musikwissenschaftler Christian Merlin. «Sie können entweder schlampig oder atemberaubend schön und leidenschaftlich, doch nie gleichgültig oder mittelmässig spielen.» So endet sein Buch, das die 176-jährige Geschichte der Wiener Philharmoniker zusammenfasst. Ein flapsiges und doch passendes Zitat, das eines der besten Orchester der Welt ehrt.
Doch der Gründer der Wiener Philharmoniker war kein Österreicher, sondern ein Preusse. Otto Nicolai, Dirigent und Komponist, dachte sich 1842: In der Stadt Mozarts und Beethovens gibt’s kein professionelles Sinfonieorchester? Das darf nicht sein. Er begann aus den Musikern der Oper ein Konzertorchester zu formen. Das Ergebnis: ein hochgeachtetes Orchester, das noch heute besteht und beeindruckt.
Film: Ulrich Seidl
Wer in seine Filme taucht, sieht Nazikeller, Kranke, Nackte und menschliche Abgründe. Ulrich Seidl versteht sich als Seismograf der österreichischen Seele. In seinen Filmen zerlegt er diese. Mal mit fiktiven, mal mit realen Elementen. Der Regisseur liebt das Spiel mit diesem Gegensatz.
Seine Dokufiktionen sind oft arrangiert, erfunden, daraus macht er keinen Hehl. Denn Seidl geht es nicht um die Wirklichkeit, sondern um das Wahrhaftige, das man aus der Inszenierung pressen kann. In seinem Bild-Konzentrat sind Empfindungen sicht- und spürbar – der Zuschauer ist schockiert, betroffen, geekelt oder schämt sich fremd.
Kunst: Maria Lassnig
«Ohne Kunst verkommt man, und ich besonders», schrieb Maria Lassnig einst. Die österreichische Zeichnerin, Malerin und Animationsfilmerin war getrieben, stets unzufrieden. «Welche Form hat ein Körpergefühl?», fragt Lassnig. Die Antwort liefern ihre Werke: Nackte Körper, zarte Farben und der furchtlose Blick auf Gefühlszustände, die der Körper nach aussen trägt.
Schon früh lebte Lassnig für ihre Kunst. Anerkennung dafür bekam sie erst als über 60-Jährige. Eine späte, aber grosse Karriere: Lassnig war die erste Professorin für Malerei im deutschsprachigen Raum, vertrat Österreich auf der Biennale von Venedig und nahm zweimal an der Documenta teil.
Die Doyenne der österreichischen Malerei starb 2014 . Die Körper auf ihren Bildern wurden mit der Zeit älter, doch die Künstlerin blieb jung bis ins hohe Alter.