Für Caro North ist der Trend eindeutig: «Ich treffe ganz klar mehr Frauen, wenn ich heute unterwegs bin, als noch vor 15 Jahren.» Die 34-jährige Caro North ist Bergführerin und eine der stärksten Schweizer Alpinistinnen. Soeben ist sie aus Grönland zurückgekehrt, wo sie das Frauen-Expeditionsteam des Schweizer Alpen-Club SAC begleitet hat.
«Wir haben immer zu hören bekommen, wie schwierig es würde, dass das Frauen-Expeditionsteam gut funktioniert. Bei den Männern hingegen stellte das niemand in Frage», erinnert sie sich. Doch allen Zweifeln zum Trotz meisterten die Teilnehmerinnen gemeinsam eine anspruchsvolle Expedition. Caro North: «Wir hatten so eine tolle Zeit zusammen und konnten richtig viele Touren klettern!»
Zähe Vorurteile
Die Schweizer Spitzenalpinistin staunt bis heute, dass sie immer mal wieder zu hören bekommt: «Was, Frauen, die hier klettern?» oder «Ihr seid tatsächlich eine Frauenseilschaft?» Sie macht auch die Erfahrung, dass ihr deutlich weniger Gehör geschenkt wird wie ihren männlichen Kollegen. «Wenn es geht, versuche ich das jeweils mit einem Spruch zu parieren, aber das erfordert viel Schlagfertigkeit.»
Die Atmosphäre ist einfach anders, wenn man nur mit Frauen unterwegs ist.
Sie selber geht bevorzugt mit Freundinnen bergsteigen und klettern. «Meine Erfahrung ist, dass Frauen wohlwollender miteinander umgehen. Man kann über seine Gefühle und über seine Ängste reden und man unterstützt einander voll und ganz. Ich sage nicht, dass das mit Männern nicht möglich ist. Aber die Atmosphäre ist einfach anders, wenn man nur mit Frauen unterwegs ist, als in einem gemischten Team.»
Langsamer Wandel
Die Geschichte des Bergsteigens in der Schweiz war über lange Zeit eine Männergeschichte. Es gab immer wieder Frauen, die trotz Vorurteilen und teils auch Verboten auf Berge kletterten. Aber ihre Geschichten sind deutlich seltener, oftmals schlecht aufgearbeitet und meist wenig bekannt.
Ab den 1970er-Jahren ändert sich das langsam. 1980 – nach jahrzehntelangen Diskussionen – fusioniert der Schweizer Alpen Club schliesslich mit dem Schweizer Frauen-Alpen-Club. Fortan dürfen auch Frauen im SAC Mitglied werden. Die Ausbildung zur Bergführerin steht Frauen in der Schweiz seit den frühen 1980er-Jahren offen. Ein wichtiger Schritt: Dieser Beruf erlaubt es ambitionierten Alpinistinnen, das Training in den Bergen mit einem Einkommen zu verbinden. Bis heute sind in der Schweiz drei Prozent aller Bergführer Frauen.
Frauen auf den allerhöchsten Bergen
Seit den frühen 2000er-Jahren nimmt die Anzahl der Alpinistinnen rasant zu. Zahlen dazu gibt es aus dem Himalaya. Billi Bierling, selber Bergsteigerin und Journalistin, führt genau Buch über die Expeditionen, welche die höchsten Gipfel der Welt im nepalesischen Himalaya zum Ziel haben.
«Noch vor 20 Jahren konnte ich auswendig aufzählen, welche Frauen bereits alle 14 Achttausender-Gipfel bestiegen haben», sagt Billi Bierling. «Heute ist das unmöglich geworden – so viele starke Alpinistinnen versuchen sich an den Achttausendern!»