- Wäre die Erbschaftssteuer-Initiative der Juso bereits am 8. November zur Abstimmung gekommen, hätten deutliche 68 Prozent der Befragten ein Nein in die Urne geworfen. Dies zeigt die zweite SRG-Umfrage des Forschungsinstituts GFS Bern.
- Damit stieg der Nein-Anteil im Vergleich zur ersten SRG-Umfrage um sechs Prozentpunkte, während das Ja um fünf Prozentpunkte geschmolzen ist.
- Am Abstimmungssonntag ist ein Nein zur Vorlage das wahrscheinlichste Szenario.
Das Meinungsbild zur Erbschaftssteuer-Initiative war schon sehr früh deutlich. Bereits in der Ausgangslage bildete sich eine klare Nein-Mehrheit. Bei den Parteipräferenzen bildete sich rasch eine breite Front der Gegnerschaft. Nur bei den Sympathisantinnen und Sympathisanten der SP und bei den Grünen stellt GFS Bern einen Kern der Unterstützung fest. Die Befragten folgen den Parteiparolen – ein Elite-Basis-Konflikt ist somit nicht festzustellen.
Fast alle untersuchten Gruppen erfahren bei der zweiten SRG-Umfrage ein markantes Wegbrechen der Ja-Anteile. Bei einer einzigen Gruppe – die der tiefen Einkommen – konnte eine minimale Zunahme der Zustimmung festgestellt werden, wie Politikwissenschaftlerin Martina Mousson von GFS Bern erklärt. Hier stieg der Ja-Anteil um drei Prozentpunkte auf 41 Prozent. Jedoch auch da: Die Ablehnung bei der Gruppe mit dem tiefsten Haushaltseinkommen überwiegt.
Bei der letzten SRG-Umfrage tanzte die italienischsprachige Schweiz aus der Reihe: Die Tessinerinnen und Tessiner hegten Sympathien für die Vorlage. Nun wurden auch sie vom Nein-Trend erfasst. Das Ja schmolz um eindrückliche 26 Prozentpunkte auf 26 Prozent. Bei den übrigen Sprachregionen – vor allem bei der Deutschschweiz – kann von einer Konsolidierung der Meinung gesprochen werden.
Ähnlich verhält es sich bei der Untersuchung der Argumente. Die Pro-Argumente verlieren an Zustimmung und die Argumente gegen die Initiative haben gewonnen. Mehr als zwei Drittel der Befragten bezweifeln konkret die Wirksamkeit der geplanten Steuer. Sie befürchten, dass Wohlhabende nach einer Annahme der Initiative ins Ausland abwandern und so die Steuer umgehen.
Stärkstes Kontra-Argument: Firmenerben kommen in Schwierigkeiten
Das stärkste Argument gegen die Vorlage – für 70 Prozent der Befragten – sei die Sorge, dass Firmenerben in Liquiditätsengpässe geraten würden, wenn die Steuer fällig würde, betont Mousson.
Die Pro-Argumente dümpeln in den 40er- und 50er-Prozentbereichen. Eine Zustimmung von 53 Prozent stellt GFS Bern bei der Aussage fest, dass Wohlhabende nach dem Verursacherprinzip besteuert werden sollten. Neu findet jedoch das Argument, die Schweiz solle ein Zeichen setzen, dass Klimaschutz nicht nur Aufgabe der Allgemeinheit, sondern auch der Vermögendsten sei, keine Mehrheit mehr (- sechs Prozentpunkte).
Die rekordhohen Nein-Werte bei allen untersuchten Gruppen und die hohen Werte bei den Kontra-Argumenten machen die Vorlage chancenlos beim Stimmvolk, wie Mousson urteilt.
Dieser Nein-Trend ist sehr umfassend und hat eigentlich alle Gruppen erfasst, ausser die Wählerschaft nahe SP und Grüne.
Mit dem frühen Widerstand gegen die Erbschaftssteuer-Initiative wurden rasch die Pflöcke eingeschlagen. Die alleinige Unterstützung der Grünen und der SP reicht nicht aus, um das Ruder herumzureissen. Hinzu kommt laut Mousson ein gewisser Anti-Juso-Reflex in der Bevölkerung.
«Ein Ja zur Initiative wäre eine riesige Überraschung», bilanziert Martina Mousson.