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Klimaschutz-Gesetz Banken sollen grüner werden – doch wie misst man das überhaupt?

Banken sollen laut dem Klimaschutz-Gesetz klimafreundlich investieren. Eine Vorreiterin zeigt, wie das gehen kann.

Reto Ringger gilt als Nachhaltigkeitspionier auf dem Schweizer Finanzplatz. Die von ihm gegründete Globalance Bank richtet sich an Private und Stiftungen, die verantwortungsvoll investieren wollen. Am Sitz der Bank in Zürich meint er zufrieden: «Wir sind bei 1.7 Grad Klimaerwärmung. Das ist ein guter Wert, vor allem wenn man bedenkt, dass wir die Risiken und die Rendite weiter optimieren.»

1.7 Grad heisst: Wenn alle Anleger weltweit so investieren würden wie Ringgers Bank, käme es zu einer Erderwärmung von 1.7 Grad bis ins Jahr 2100. Das Pariser Klimaabkommen zielt auf – wenn möglich – 1.5 Grad. Weil aber nach wie vor viele Investoren beispielsweise in Ölfelder und Gaskraftwerke investieren, ist die Welt derzeit auf einem Pfad, der zu rund drei Grad Erwärmung bis ins Jahr 2100 führt.

Windradturbine spiegelt sich in Solaranlage
Legende: Banken können einen entscheidenden Beitrag für den Klimaschutz leisten. Der Schweizer Finanzplatz soll deshalb die Finanzflüsse klimafreundlich ausrichten – das steht im Klimaschutzgesetz, das Mitte Juni zur Abstimmung kommt. Keystone/DPA/Karl-Josef Hildenbrand

Doch wie misst man die Klimafreundlichkeit von Finanzanlagen überhaupt? Ringger erklärt: «Wir schauen bei jedem Unternehmen, in das wir investieren, wie hoch seine Emissionen sind. Dann rechnen wir Anlage für Anlage auf das gesamte Portfolio und das Klimaerwärmungspotenzial hoch.» Je grösser der Anteil der Gelder ist, die etwa in Sonnenstromanlagen fliessen, desto geringer ist das Klimaerwärmungspotenzial.

Es fehlt noch an belastbaren Daten

Auf Nachfrage wird allerdings klar, dass die Daten nicht immer sehr aussagekräftig sind. Bei vielen Immobilien beispielsweise kenne der Investor oder die Investorin den CO₂-Fussabdruck heute noch nicht, räumt Ringger ein. Er ist aber überzeugt: «Es gibt noch nicht sehr viele Daten, sie müssen erst noch erhoben werden. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis man sie hat.»

Die Daten sind noch unvollständig. Die Rechnungen der Klimafreundlichkeit basieren also teilweise auf Schätzungen und sie sind noch freiwillig. Das wird sich aber in Zukunft ändern. Die EU hat bereits eine Taxonomie für nachhaltige Anlagen erstellt, eine Liste also, die aufführt, welche Finanzprodukte als nachhaltig gelten und welche nicht. Auch Schweizer Banken, die in der EU tätig sind, müssen diese Liste ab 2025 berücksichtigen.

Die Schweiz ihrerseits setzt auf die freiwillige Anwendung der sogenannten Swiss Climate Scores – das sind sechs Indikatoren, mit denen die Klimafreundlichkeit eines Finanzprodukts gemessen wird.

Lohnt sich klimafreundliches Investieren?

Transparenz über die Klimafreundlichkeit von Finanzanlagen zu schaffen, ist der erste Schritt. Der zweite Schritt wäre dann, dass Banken und Anleger aufgrund der Klimadaten handeln und ihre Anlagen klimafreundlicher ausrichten, wie es das Klimaschutz-Gesetz fordert.

Entscheidend dabei dürfte sein, ob sich klimafreundliches Investieren auch finanziell lohnt. Dazu meint Banker Ringger: «In den letzten zehn, fünf und drei Jahren hat sich das gelohnt. Die Rendite war um einiges höher als bei traditionellen Anlagen. Über die letzten zwölf Monate war es nicht so, weil die fossilen Aktien mehr als 50 Prozent der Rendite ausgemacht haben.»

Klar ist: Kaum ein Anleger und kaum eine Bank wird künftig darum herumkommen, sich darüber ein Bild zu schaffen, wie klimafreundlich oder -schädlich ihre oder seine Investitionen sind. Welche Konsequenzen er oder sie daraus zieht, ist dann eine andere Frage.

Rendez-vous, 26.05.2023, 12:30 Uhr

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