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Extreme Bedingungen Warum der Profisport trotz Hitze keine Sommerpause macht

Trotz sehr hoher Temperaturen finden internationale Sportveranstaltungen statt. Ein Sportmediziner erklärt, warum.

Hitzewellen treten immer häufiger und intensiver auf und beeinflussen auch die sportlichen Aktivitäten im Amateur- und Profibereich.

Der französische Tennisspieler Arthur Rinderknech beispielsweise brach am Dienstag beim ATP-1000-Turnier in Cincinnati in den USA wegen der enormen Hitze zusammen, entschied sich jedoch nach einer medizinischen Erstversorgung dazu, weiterzumachen.

Wenige Tage zuvor wurde der italienische Orientierungsläufer Mattia Debertolis während eines Wettkampfs an den World Games in Chengdu bewusstlos aufgefunden. Er verstarb danach im Spital. Zum Zeitpunkt des Wettkampfs herrschten 42 Grad.

Müssen Sportlerinnen und Sportler besser geschützt werden?

Am fehlenden Wissen über die Risiken könne es nicht liegen, meint Patrick Siragusa, Leiter des Kantonalen Zentrums für Sportmedizin in Tenero, gegenüber dem Radio und Fernsehen der italienischsprachigen Schweiz (RSI).

«Jedes Mal, wenn die Olympischen Spiele vorbereitet werden, werden die Athletinnen und Athleten für die Probleme der Hitze sensibilisiert und darüber informiert, was sie tun können, um die Risiken zu verringern und hohe Temperaturen besser zu ertragen.»

Sport im Sommer: Die wichtigsten Faustregeln

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Dauer und Intensität anpassen: Weniger lange trainieren und nicht ans Limit gehen. Der Sportarzt rät davon ab, Intervalleinheiten zu absolvieren; also beispielsweise zehnmal mehrere Minuten lang mit voller Leistung zu sprinten.

Tageszeit bewusst wählen: Nicht über den Mittag in der prallen Sonne laufen gehen, besser morgens, wenn es noch kühler ist. Falls man nur mittags Zeit hat, das Training nach drinnen verlegen.

Bei Warnsymptomen sofort aufhören: Bei starkem Durst, Müdigkeit, übermässigem Schwitzen, Schwindel und Verwirrtheit, Kopfschmerzen, Übelkeit, ungewöhnlich schneller Atmung oder schnellem Puls oder dunkelgelbem Urin: das Training abbrechen.

Wenn Warnsymptome auftreten, sich in den Schatten begeben und den Körper, insbesondere den Kopf, kühlen. Flüssigkeit mit Natrium zu sich nehmen.

Den Sportkalender einfach so zu ändern, dass Wettkämpfe eher in kühleren Monaten ausgetragen werden können, sei zurzeit keine Option. «Oft haben wirtschaftliche Interessen Vorrang gegenüber einer sinnvolleren Planung», betont Siragusa. «Die Fernsehrechte beispielsweise geben die Spielzeiten vor. Auch die Notwendigkeit, einen Wettkampf in einer bestimmten Zeit zu beenden, hat oft mehr Gewicht als Gesundheitsaspekte.»

Das Radio-Interview mit Sportmediziner Siragusa in voller Länge:

Das grösste Risiko beim Sporttreiben bei hohen Temperaturen ist der Hitzschlag. «Das ist der Zustand, in dem der Körper nicht in der Lage ist, die Wärme – sowohl die aus der Umgebung als auch die, die durch die körperliche Aktivität selbst entsteht – abzugeben», erläutert der Arzt. Wenn die Körpertemperatur «über 40 bis 41 Grad steigt, kann das zu Verwirrung, Bewusstlosigkeit oder gar einem Koma führen».

Die Signale des Körpers dürfen nicht unterschätzt werden: «Kopfschmerzen, Schwindel und Benommenheit».

Was mit dem Körper passiert, wenn es so richtig heiss ist

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Bei hohen Temperaturen und Sonnenschein muss unser Körper hart arbeiten, um seine Temperatur zu halten. Bei Hitze wird die Körpertemperatur so reguliert:

  • Übers Schwitzen wird Wärme abgegeben.
  • Der Körper verlangt nach Wasser und Salzen. Sie fühlen sich durstig.
  • Die Nieren produzieren weniger Urin, um Wasser zu sparen.

Wenn man sich aber zu lange und intensiv draussen bewegt und diese Mechanismen an ihre Grenze stossen, hat dies weitreichende Folgen für die Gesundheit.

Die direkte Sonneneinstrahlung kann lokal nicht nur zu einem Sonnenbrand, sondern auf dem Kopf auch zu einem Sonnenstich führen. Die Hirnhaut oder das Hirngewebe werden gereizt.

In extremen Fällen können Zellen so stark geschädigt werden, dass das Kurzzeitgedächtnis oder die Orientierung zu Ort und Zeit dadurch beeinträchtigt wird.

Darüber hinaus hat Sport bei Hitze auch Auswirkung auf gesamtheitliche Prozesse: So funktioniert der Stoffwechsel nicht mehr optimal, Stresshormone werden freigesetzt. Das Herz kann das Blut nicht mehr richtig durch den Körper pumpen, schlimmstenfalls kann es zu einem Hitzschlag kommen.

Von aussen könne eine Drittperson erkennen, dass «der Sportler oder die Sportlerin eine gerötete Haut hat, sich möglicherweise nicht mehr normal verhält oder nicht mehr koordiniert bewegt», sagt Siragusa. «Nicht immer bemerkt man selbst diese Symptome, vielleicht auch, weil man sich auf ein sportliches Ziel konzentriert.»

Ein weiteres Alarmzeichen sei, wenn Sporttreibende trotz der Hitze aufhörten zu schwitzen.

RSI SEIDISERA, 12.08.2025, 18:00; noes

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