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Mitten in der Hochsaison Landwirtschaftliche Betriebe kämpfen mit Arbeitskräftemangel

Manche Landwirtschaftsbetriebe haben nicht genügend Personal, um die Sommersaison bewältigen zu können. Einige Betriebe nehmen die Dienste von Freiwilligen in Anspruch, um die Arbeitslast zu stemmen.

Auf der Alp Corjon in der Gemeinde Rossinière im Kanton Waadt stellt die Familie Tena jeden Sommer Etivaz-Käse mit dem Gütesiegel AOP her. Von Ende Mai bis Ende September leben Julie und Julien Tena dort, zusammen mit ihren drei Kindern Emma, Martin und Romain. Für den Rest des Jahres wohnt die Familie in Albeuve FR.

Das sagt das Ehepaar Tena zur Situation auf ihrer Alp:

Für die ausgebildete Landwirtin Julie wird es jedes Jahr schwieriger, Arbeitslast und Familienleben unter einen Hut zu bringen. «Als Emma geboren wurde, ging es noch», sagt sie gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS). «Dann kamen zuerst Martin und dann Romain. Da wurde es für mich etwas zu viel. Wir brauchten jemanden, der mir half, weil ich nicht mehr alles allein bewältigen konnte.»

Freiwillige als Überbrückung

Das Paar suchte Hilfe bei Caritas, der Organisation, die Freiwilligeneinsätze koordiniert. In dieser Saison werden sich mehrere Freiwillige abwechseln, um auf der Alp mit anzupacken – ein Glück, denn laut Caritas fehlen diesen Sommer noch über hundert Freiwillige, um die steigende Nachfrage zu decken.

Doch auch wenn diese Hilfe wertvoll ist, löst sie das Grundproblem nicht: den strukturellen Mangel an Arbeitskräften in der Landwirtschaft. «Wir haben immer mehr zu tun und immer weniger Leute. Das ist traurig», klagt Julie.

Ihr Ehemann Julien betont eine weitere Schwierigkeit: «Schweizer sind sehr selten. Man findet ausländische Arbeitskräfte, die überhaupt nicht qualifiziert sind. Wir müssen uns an die Person anpassen (...). Das ist das grosse Problem.»

«Eine Quelle der Erschöpfung»

Der Fall der Familie Tena ist kein Einzelfall. In der ganzen Schweiz haben viele Betriebe – kleine wie grosse – Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Personal. Die Gründe sind vielfältig: zu wenig attraktive Löhne, anspruchsvolle Arbeitszeiten, zuweilen auch einfache Unterkünfte. All diese Faktoren dämpfen das Interesse, auch unter ausländischen Arbeitsuchenden.

Jean-Pierre Valiante, Direktor von Terremploi, ist täglich mit dieser Realität konfrontiert. Seine Organisation hat die Aufgabe, Landwirtinnen und Landwirte bei der Personalsuche zu unterstützen. «Für einige von ihnen ist der Arbeitskräftemangel ein tägliches Hindernis und manchmal eine Quelle der Erschöpfung oder gar ein Grund zum Aufgeben», betont er. «Das ist eine grosse Herausforderung. Wir dürfen das nicht mehr ignorieren, denn es ist menschliches Leid damit verbunden.»

Valiantes Ansicht nach müssen aber auch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihren Teil der Verantwortung tragen. «Sie müssen ihren Betrieb attraktiver machen, um diese Arbeitsplätze zu erhalten. Sie sind schliesslich Selbstständige», fügt er an.

Für den Direktor von Terremploi ist das Problem vielschichtig. Der Beruf ist seiner Meinung nach zu wenig attraktiv. «Wir haben oft sehr anspruchsvolle Arbeitszeiten, körperliche Arbeit und Löhne, die nicht immer dem geforderten Engagement entsprechen», erläutert er. «Wir sehen, dass sich in bestimmten Grenzregionen potenzielle Kandidaten heute lieber anderen Sektoren wie der Industrie oder anderen Ländern zuwenden, wo die Arbeitsbedingungen als günstiger wahrgenommen werden.»

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RTS, La matinale, 30.7.2025, 6:25 Uhr; sten

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