Als Ende Mai der Birchgletscher abbracht und das Walliser Dorf Blatten verschüttete, sorgte dies weltweit für Schlagzeilen. Es gibt bisher keine einfache Methode, um solche Katastrophen vorherzusagen, doch Studien deuten darauf hin, das bestimme Bedingungen, etwa die Neigung der Gletscherfläche, helfen, die Wahrscheinlichkeit eines Abbruches einzuschätzen.
Daher ist es wichtig, gefährdete Gebiete zu überwachen, um Dörfer und Infrastruktur zu schützen. Mit Hilfe von Satellitenbildern, Kameras oder Radar lassen sich solche Bewegungen verfolgen – liefern jedoch nur begrenzt Informationen darüber, was im Inneren eines Gletschers vor sich geht.
Nun glauben Forschende in der Schweiz eine Lösung gefunden zu haben: Glasfaserkabel können Mikrovibrationen und andere, frühere Anzeichen von Instabilität in Gletschern erkennen.
«Glasfaserkabel ermöglichen es uns, extrem kleine seismische Ereignisse zu erkennen, die mit anderen Technologien nicht messbar sind. Das könnte dazu beitragen, Gletscherüberwachungssysteme zu verfeinern», sagt Thomas Hudson, Seismologe an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH), gegenüber Swissinfo.
2023 installierte ein Forschungsteam der ETH 1.2 Kilometer Glasfaserkabel auf dem Gornengletscher. An diese Kabel wurde ein sogenannter Interrogator angeschlossen, der Laserimpulse durch die Glasfasern sendet. Seismische Wellen im Gletscher führten dazu, dass sich das Kabel bewegte, wodurch diese Impulse verändert wurden.
Eine Technologie zur Überwachung ganzer Gletscher
Es wurden bis zu tausend seismische Wellen pro Tag registriert. Was diese genau bedeuten, ob es eine Anomalie oder ein durchschnittlicher Wert ist, ist noch unklar, da das Experiment in den Anfängen steckt und weiter beobachtet werden muss.
Glasfaser liefert auch Informationen über die Struktur und Zusammensetzung des Eises. Im Vergleich zu herkömmlichen seismischen Sensoren, die an bestimmten Stellen platziert werden, liessen sich Glasfaserkabel leichter über ein grosses Gebiet verlegen, sagt Fabian Walter, Experte für Massenbewegungen an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Seiner Meinung nach könnte diese Technologie bei einer breiteren Anwendung die Überwachung ganzer Gletscher ermöglichen.
Die aktuelle Herausforderung besteht darin, einen Algorithmus mit KI zu entwickeln, der Signale automatisch erkennt und beispielsweise die Bewegung eines Felsbrockens von der Bewegung eines Tiers unterscheiden kann.
Wenn das System erhebliche Bewegungen feststellt, die zu einem Erdrutsch oder Gletscherabbruch führen könnten, kann es eine Frühwarnung auslösen, sodass die Menschen Zeit haben zu reagieren, bevor eine Katastrophe eintritt.