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Unter dem Taliban-Regime Sender aus der Schweiz und Frankreich für Frauen in Afghanistan

TV Begum sendet aus der Schweiz und Frankreich ein Programm mit Bildungs-, Gesundheits- und Unterhaltungsinhalten für Afghanistan. Ein wichtiger Kanal vor allem für Frauen, die vom Taliban-Regime unterdrückt werden und immer mehr Rechte verlieren.

Naïma befestigt eine Brosche, damit ihr Pullover nicht verrutscht. «Ich achte hier besonders darauf, dass meine Schultern und Arme bedeckt sind», erklärt sie gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS). Auf TV Begum unterrichtet Naïma Yoga für Frauen in Afghanistan.

Yoga und medizinische Beratungen via TV für Frauen in Afghanistan

Sie stammt ursprünglich selbst aus Afghanistan, ist aber in der Schweiz aufgewachsen und lebt in Nyon. Bis zur Machtübernahme der Taliban besuchte die Yogalehrerin das Land mehrmals.

In Afghanistan schaut sich Nazira jeden Morgen Naïmas Yogakurs an. Sie sitzt in Kabul, in einem Raum mit dicken Vorhängen an den Fenstern, verschleiert und bereit, den Kurs bei jedem verdächtigen Geräusch abzubrechen. Yoga sei für sie eine Quelle der Motivation, sagt Nazira. Der Kurs helfe ihr, den Glauben nicht zu verlieren, dass sie die täglichen Herausforderungen bewältigen könne.

Bildung für Mädchen und medizinische Beratung

Ins Leben gerufen wurde TV Begum mit Sitz in Paris von Hamida Aman, einer gebürtigen Lausannerin mit afghanischen Wurzeln. Das Ziel sei gewesen, die Leistung von Frauen in der Gesellschaft hervorzuheben. Das war vor der Machtübernahme der Taliban. Danach «nahm alles eine völlig andere Wendung», erklärt sie gegenüber RTS.

Mittlerweile haben die Taliban mehr als 97 Dekrete gegen Frauen erlassen – darunter das Verbot für Mädchen über zwölf Jahre, eine Schule zu besuchen. Also hat TV Begum entschieden, Bildungsprogramme anzubieten. «Wir sagten uns, dass das Regime zwar die Schule verbietet, nicht aber Bildung. Also bringen wir die Schule zu den Mädchen nach Hause.»

Ein Frau mir schwarz-roter Bluse, vor einem Regal.
Legende: TV-Begum-Gründerin Hamida Aman: «Wir wollen den Frauen etwas Hoffnung geben.» RTS

Satellitenprogramme wie TV Begum können in Afghanistan von rund jedem zweiten Haushalt empfangen werden. Beliebt ist vor allem das wöchentliche Gesundheitsmagazin, in dem Fachleute die Fragen der Zuschauerinnen beantworten. «Viele Menschen in Afghanistan können sich nicht einmal Brot leisten. Da ist eine kostenlose Beratung sehr wertvoll und kann wirklich etwas verändern: Sie kann Leben retten», erklärt Hamida Aman gegenüber RTS.

Morddrohungen gegen Journalistinnen

Viele Journalistinnen und Journalisten des Senders flohen nach dem Einmarsch der Taliban 2021, einige von ihnen nach Paris. Doch auch hier können sie nicht ganz unbeschwert arbeiten. Gulali Karimi führte das letzte Interview, das einer Afghanin vom Sprecher der Taliban gewährt wurde. Nach Morddrohungen musste sie ins Exil flüchten.

Eine Frau sitzt in einem Park.
Legende: Journalistin Gulali Karimi: «Ich habe Drohungen erhalten, weil ich die Situation der afghanischen Frauen ändern will.» RTS

Heute arbeitet sie für TV Begum. Wenn sie in Paris auf die Strasse geht, muss sie sich hinter einer Gesichtsmaske verstecken. Auch hier sei sie von Afghanen beschimpft und bedroht worden. Doch Karimi gibt sich kämpferisch: «Ich denke, es ist sehr wichtig, die Mentalität der afghanischen Männer zu ändern.»

«Wir sind ein Fenster zur Aussenwelt»

Auch TV-Begum-Gründerin Hamida Aman will nicht aufgeben, vor allem für die Frauen in Afghanistan. «Wir sind dabei, eine ganze Generation junger Mädchen und Frauen zu opfern», betont sie. «Man hat ihnen jede Zukunftsperspektive genommen.» Umso wichtiger sei ihr Angebot mit TV Begum, ist Aman überzeugt: «Unsere Mission ist entscheidend, damit sie dieses Fenster zur Aussenwelt und auch einen kleinen Hoffnungsschimmer haben, an den sie sich klammern können.»

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RTS, Mise au point, 30.11.2025, 20:10 Uhr

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