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Deutscher Satiriker Harald Schmidt über Kanzler, Klischees und Konklave

Harald Schmidt war auf Stippvisite im Zürcher Bernhard Theater, wo er mit Theaterleiterin Hanna Scheuring über Gott und die Welt philosophierte und diskutierte. SRF hat die Gelegenheit beim Schopf gepackt und dem Kabarettisten und Satiriker die drängendsten Fragen der aktuellen Zeit gestellt.

Harald Schmidt

Kabarettist

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In 40 Karrierejahren arbeitete Harald Schmidt als Schauspieler, Kabarettist, Kolumnist, Entertainer und Moderator. Mit seiner täglichen Late-Night-Show, der «Harald Schmidt Show», schrieb er in der Ära der deutschen Privatsender Fernsehgeschichte. Von 1995 bis 2014 wurde die Sendung auf SAT.1, in der ARD und zuletzt auf Sky ausgestrahlt. Seit zehn Jahren tourt er durch den deutschsprachigen Raum und spricht auf Bühnen über aktuelle Themen und das, was die Menschen bewegt.

SRF News: Friedrich Merz hat es im ersten Wahlgang nicht geschafft. Hat Sie das überrascht?

Harald Schmidt: Ich hatte vermutet, es könnte vielleicht knapp werden. Wir dürfen nie vergessen, es gibt die alten Charaktereigenschaften Neid, Missgunst, Rache und Kränkung. Vielleicht haben ihm darum einige die Stimme verweigert. Aber letzten Endes gab es keinen grossen Grund zur Aufregung, denn das Ganze hat sich ja nur um ein paar Stunden verschoben.

Es ist zu viel los auf der Welt, um sich mit zwei Wahlgängen länger zu beschäftigen.

Wird das jetzt einen Schatten auf seine Kanzlerschaft werfen?

Ich glaube, es ist eher so: Wenn Friedrich Merz bei nächster Gelegenheit auf Anhieb richtig einparkt, wird man trotz des schlechten Starts sagen, dass er ein grandioser Kanzler ist. Aber es ist zu viel los auf der Welt, um sich mit zwei Wahlgängen länger zu beschäftigen.

Mehr Sorgen mache ich mir um den Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil, der ja erst Mitte 40 ist und schon zu einer gewissen Fülligkeit neigt.

Friedrich Merz ist zwei Jahre älter als Sie, er ist 69 Jahre alt. Wie steht er das alles durch?

Ich glaube, er wird getrieben vom Ehrgeiz, wirklich Bundeskanzler sein zu wollen. Er wurde auch dreimal abgelehnt von der eigenen Partei als Parteivorsitzender. Er hat grosse Nehmerqualitäten, das hilft. Mehr Sorgen mache ich mir um den Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil, der ja erst Mitte 40 ist und schon zu einer gewissen Fülligkeit neigt. Dann denke ich mir: Dieses hastige, schnelle Essen bei den Politikern, mal schnell irgendwie ein Pizzastück auf dem Weg oder Süssigkeiten bei einer Konferenz – das ist ungesund. Ich hoffe, dass er es nicht nur noch schnaufend auf die Regierungsbank schafft.

Sie sind katholisch und heute beginnt die Papstwahl mit dem Konklave in der Sixtinischen Kapelle. Sind Sie gespannt?

Das finde ich grossartig. Man muss auch sagen, dass die Sixtinische Kapelle zum Beispiel unter einem SPD-Arbeitsminister gar nicht mehr möglich gewesen wäre, denn Michelangelo war über 70 Jahre alt und lag ja zehn Stunden auf dem Rücken auf zwölf Metern Höhe auf dem Gerüst, um die Decke der Kapelle zu malen. Da würde heute mit Sicherheit ein Arbeitnehmervertreter kommen und sagen: «Das geht nicht. Das muss jemand machen, den wir integrieren wollen in die Sixtinische Gesellschaft.»

Sie wuchsen in einer katholischen Familie auf und waren Kirchenmusiker. Haben Sie auch schon über einen Kirchenaustritt nachgedacht?

Nein, und ich zahle auch aus tiefster Überzeugung Kirchensteuer, weil ich immer möchte, dass mein Papst, wenn er zum Beispiel zum Urlaub nach Castel Gandolfo fliegt, in dem weissen Hubschrauber direkt aus den Vatikanischen Gärten hochsteigt.

Sie mögen also diesen Pomp im Vatikan mit den feinsten Kardinalsgewändern?

Ja, weil sonst könnte ich ja gleich evangelisch werden.

Das Gespräch führte David Karasek.

Tagesgespräch, 7.5.2025, 13 Uhr ; 

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