Erstes Interview mit Papst Leo XIV.: Erstmals seit seiner Wahl im Mai hat sich Papst Leo XIV. in einem langen Interview geäussert. Es gibt ein paar Anhaltspunkte, welchen Kurs der Papst einschlägt. Er sprach unter anderem über die Rolle der Frau in der Kirche und die Beziehung der Kirche zur LGBTQ-Community. Entstanden ist das Interview im Rahmen einer Biografie, die zunächst in Peru als Buch erschienen ist.
Wie präsentiert sich der Papst im Interview? Laut SRF-Religionsredaktor Norbert Bischofberger präsentiert Papst Leo XIV. sich als Mann von Welt. «Er inszeniert sich als Baumeister der Einheit. Er bedauert Polarisierung weltweit, in der Politik, aber auch in der Kirche – insbesondere zwischen dem konservativen und dem reformorientierten Lager – und er betont immer wieder: Hass spaltet.»
Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare: Leos Vorgänger Franziskus hat 2023 Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt. «Es gab dann eine riesige Kontroverse innerhalb der römisch-katholischen Kirche», sagt Bischofberger. Die Bischöfe aus Afrika hätten sich gegen die Praxis gewehrt. Das Dikasterium für die Glaubenslehre sei dann zurückgerudert und habe präzisiert, dass die Segnung nur wenige Sekunden dauern dürfe. Jetzt hat auch Papst Leo XIV. betont, dass es bei diesen Segnungen kein festliches Drumherum geben dürfe.
Synodaler Prozess soll weitergehen: Religionsexperte Bischofberger erklärt, dass Papst Franziskus den sogenannten synodalen Prozess erwirkt habe. «Er hat Gläubige weltweit eingeladen, gemeinsam mit den Bischöfen aus aller Welt, sich zusammenzusetzen. Er hat sogar Frauen und Männern ein Stimmrecht gegeben, also Laien. Sie sollen mitreden, sie sollen auch mitbestimmen.» Diesen Weg wolle Papst Leo XIV. weiterführen.
Rolle der Frau in der katholischen Kirche: Es ging im Interview auch darum, welche Rolle Frauen künftig in der katholischen Kirche spielen. Papst Leo XIV. lehnt die Weihe von Frauen zu Priesterinnen ab. Die Weihe von Frauen zu Diakoninnen müsse weiterhin geprüft werden. «Er ist gewillt, den Kurs seiner Vorgänger weiterzuführen», sagt Bischofberger.
Leo XIV. kommuniziert zurückhaltender: Leos Vorgänger Franziskus sei ein spontaner Mensch gewesen, sagt der Religionsexperte. «Er hat auch mal eine Äusserung gemacht, die vielleicht nicht so abgewogen war. Dann mussten die Vatikanbehörden nachbessern und wieder etwas richtigstellen.» Leo XIV. agiere viel vorsichtiger. «Dieses Interview ist sozusagen fundiert mit einem Buch. Daraus sind jetzt erste Auszüge bekannt. Das entspricht auch so der Persönlichkeit, wie ich sie wahrnehme von Papst Leo XIV. Er agiert hier diplomatisch zurückhaltend», sagt Bischofberger.