An diesem Wochenende finden mit dem Heitere-Open-Air in Zofingen, der Street Parade in Zürich oder auch dem Buskers in Bern sommerliche Grossevents statt. Wo viele Menschen feiern, wird auch viel Abfall zurückgelassen, wie die Bilder vom Openair Frauenfeld (OAFF) vom Juli zeigen. Doch wieso lassen Menschen ihren Abfall zurück?
Der Tag nach dem OAFF
Zur Einordnung: Littering kann viele Formen annehmen (siehe Box). Das Paradebeispiel an Festivals ist sogenanntes Party-Littering. Überraschend ist: Dahinter könnte auch Absicht liegen – nämlich «um der Nachwelt zu zeigen, wie man gefeiert hat – oder jene aufräumen zu lassen, denen man viel Geld gegeben hat.» Das sagt der Sozialpsychologe der Universität Zürich, Robert Tobias. Er hat zu psychologischen Massnahmen gegen Litteringverhalten geforscht.
Nun hängt die Ursache von Littering von seiner Form ab. Das Problem soll also auch über Festivalgrenzen hinweg angeschaut werden. Ein Experiment aus dem Jahr 2019 zum Picknick-Littering im Zürcher Irchelpark, das von Tobias' Team zusammen mit dem Campus-Betriebsdienst durchgeführt wurde, ergab, dass die Parkbesucher oft keine Lust hatten, bis zum nächsten Abfalleimer zu gehen.
Wie kann Littering reduziert werden? Dazu gibt es zwei Fakten , die wissenschaftlich breit abgestützt sind:
- Wenn bereits Abfall herumliegt, sinkt die Hemmschwelle, noch mehr Abfall liegenzulassen.
- Je mehr und je günstiger Abfalleimer platziert sind, desto geringer ist das Littering.
Da Menschen oft absichtlich – zum Beispiel beim Party- oder Picknick-Littering – den Müll liegen lassen, haben viele Gemeinden und Kantone bereits strikte Massnahmen verhängt: Bussen. Zum Beispiel kostet Littering im Kanton Schwyz in Wohngebieten 80 und in der freien Natur 250 Franken.
Bussen verteilen ist eine Möglichkeit, um Menschen von Littering abzubringen, aber nicht die einzige. Denn Abfallsünderinnen sind sich der Konsequenzen ihres Verhaltens oft gar nicht bewusst.
An dieser Erkenntnis setzte das Irchelpark-Experiment an. Littering konnte nämlich beeinflusst werden, indem seine Konsequenzen aufgezeigt wurden. Anders gesagt: Menschen lassen weniger Güsel liegen, wenn auf Schildern illustriert wird, dass sich Menschen und Tiere daran verletzen können.
Wenn allerdings darauf hingewiesen wurde, dass die meisten Menschen keinen Müll liegen lassen und dieses Verhalten auch nicht mögen, gab es deutlich mehr Littering. Würden die Studienergebnisse in Zukunft bestätigt, so «fühlten sich die Leute vermutlich durch die Schilder unter Druck gesetzt und haben deshalb absichtlich dagegen gehandelt», so Tobias.
Littering ist eines der Verhalten, das mit psychologischen Massnahmen bis jetzt am wenigsten verändert werden konnte.
Auch das Bundesamt für Umwelt (Bafu) rät, keine Massnahmen gegen Littering durchzusetzen, welche das Narrativ «Abfall gehört in den Müll» beinhalten. Obwohl ein Effekt feststellbar war, relativiert der Sozialpsychologe: «Littering ist eines der Verhalten, das mit psychologischen Massnahmen bis jetzt am wenigsten verändert werden konnte.»
Tobias' grösste Sorge sind Zigarettenstummel. Gemessen an der Anzahl und der Toxizität seien sie am schlimmsten. Laut Zero Littering verschmutzt eine Zigarettenkippe bis zu 60 Liter Wasser.
Um dieses Problem zu lösen, gäbe es positive Ansätze wie den Taschen-Aschenbecher. Laut Robert Tobias müsste da mehr getan werden: «Jeder weggeworfene Zigarettenstummel scheint etwas Kleines zu sein. Aber in Anbetracht aller Menschen ist es sehr viel.»