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24 Monate Krieg Seit zwei Jahren hat der Krieg die Ukraine fest in der Hand

Am 24. Februar 2022 ist Russland in die Ukraine einmarschiert. Die Chronologie mit den wichtigsten Ereignissen.

Vor zwei Jahren hat Russland die Ukraine überfallen. Moskaus Truppen konnten weite Teile des Nachbarstaates besetzen, doch sie mussten im Verlauf des Jahres auch viele Rückschläge einstecken. Nun ist der Krieg in der Ukraine an vielen Orten zu einem Grabenkampf geworden. Wie ist es dazu gekommen? Ein Rückblick.

Ostukraine: Bewaffneter Konflikt gibt es seit 2014

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Seit 2014 kämpften in den ostukrainischen Gebieten Donezk und Luhansk, unweit der russischen Grenze, Regierungstruppen gegen von Russland unterstützte Separatisten. UNO-Schätzungen zufolge waren bereits vor dem russischen Angriffskrieg mehr als 14'000 Menschen getötet worden, zumeist im Separatistengebiet. Ein Friedensplan von 2015 unter deutsch-französischer Vermittlung wurde nicht umgesetzt.

Schon im Januar 2022 häufen sich die Befürchtungen vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine. Moskau erlässt ein massives Truppenaufgebot.

«Entweder es kommt zum Krieg oder zum vollständigen Bruch», schätzte die Schweizer Diplomatin und ehemalige Ukraine-Beauftragte der OSZE Heidi Tagliavini die Lage Anfang Februar ein. Mitte des Monats sagte US-Präsident Joe Biden in einem Interview: «Die Dinge könnten schnell ausser Kontrolle geraten.»

24. Februar 2022 – Russland marschiert in die Ukraine ein: Moskau greift seinen souveränen Nachbarstaat an. Ziele in der ganzen Ukraine kommen unter Beschuss. Russlands Präsident Wladimir Putin versetzt die atomaren Abschreckungswaffen in erhöhte Alarmbereitschaft. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski ruft den Kriegszustand aus.

Satellitenbilder zeigen einen russischen Militärkonvoi, der sich auf Kiew zubewegt. Wenige Tage später fällt die südukrainische Stadt Cherson unter russische Kontrolle. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer fliehen, die meisten in den Westen des Landes oder in andere europäische Länder.

2. April 2022 – Entdeckung des Massakers von Butscha: Im April ziehen sich die russischen Truppen im Norden teils zurück. Im Zuge dessen sorgen entdeckte Gräueltaten in der Kiewer Vorstadt Butscha für Entsetzen. Bei den mutmasslichen Kriegsverbrechen werden mehr als 400 Leichen gezählt.

Moskau bezichtigt Kiew der Inszenierung. Untersuchte Satellitenbilder zeigen allerdings ein anderes Bild.

16. Mai 2022 – Mariupol wird von russischen Truppen eingenommen: Die Belagerung und die humanitäre Situation in der Hafenstadt halten die Welt in Atem. Die OSZE stuft die Bombardierung einer Geburtsklinik als Kriegsverbrechen ein. Das Stahlwerk Asowstal in Mariupol wird zum Symbol für den Widerstandswillen der gesamten Ukraine. Wochenlang wird das Werk eingekesselt.

In den folgenden Wochen gelingen Russland fast keine neuen Geländegewinne mehr. Die Fronten scheinen verhärtet.

Ab Ende Juli 2022 – Das AKW Saporischja wird zum Kriegsschauplatz: Russland kontrolliert das grösste Atomkraftwerk Europas faktisch seit Anfang März. Im August spitzt sich die Situation in der Anlage von Saporischja allerdings zu. Verursacht durch Beschuss oder einen Brand, kommt es zu einer Teilabschaltung.

10. September 2022 – Russland zieht sich aus Charkiw zurück: Ein Erfolg zeichnet sich ab für die ukrainischen Streitkräfte, die mithilfe westlicher Waffen die russischen Truppen zurückdrängen. «Das Ganze ist eine schwere Niederlage für die russische Armee», beurteilt SRF-Korrespondent David Nauer . Das Gebiet ist strategisch wichtig, da Moskau von dort auch Truppen im Donbass versorgte.

21. September 2022 – Putin ordnet die Teil-Mobilmachung an: Mit insgesamt 300'000 Reservisten hofft die russische Führung, eine Wende auf dem Schlachtfeld herbeiführen zu können. Fachleute relativieren: «Das sind Leute, die zuerst trainiert werden müssen. Sie müssen ausgerüstet und in kampffähige Truppen integriert werden», sagt Sicherheitsexperte Benno Zogg von der ETH Zürich.

30. September 2022 – Moskau annektiert vier besetzte Gebiete: An einer offiziellen Zeremonie schliesst Putin mit den eigens eingesetzten Führungen in den ukrainischen Gebieten Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischja Verträge über eine Aufnahme in russisches Staatsgebiet ab. Wenige Tage zuvor fanden Scheinreferenden statt, bei denen in der Ostukraine angeblich bis zu 99 Prozent für den Anschluss an Russland stimmten. Putin begründet die Annexion mit dem Schutz der Zivilbevölkerung vor ukrainischen Nationalisten.

8. Oktober 2022 – Ukrainischer Angriff auf die Krim-Brücke : Nach Explosionen an dem russischen Prestigebau sind Teile der Brücke eingestürzt. Eine Detonation ereignet sich in einem LKW-Transporter und setzt mehrere Waggons eines Güterzugs in Flammen.

Die Vergeltung Russlands gegen den Angriff kommt postwendend: Nie seit den allerersten Tagen des Krieges sind so viele Raketen auf ukrainische Städte gefallen wie in den folgenden Tagen. Über 80 Raketen soll Russland in alle Landesteile der Ukraine abgefeuert haben.

9. November 2022 – Russland zieht sich aus Cherson zurück: Damit verlieren die russischen Truppen ihren Brückenkopf westlich des Flusses Dnipro. Er hatte die Option offen gelassen, weiter in Richtung Westen zu marschieren. Für die Ukraine ist die Rückeroberung militärisch sehr wichtig.

Frühjahr 2023 – Um Bachmut und Soledar tobt ein blutiger Stellungskrieg: Die russischen Truppen rücken langsam, aber stetig vor. Die Region um Bachmut wird zunehmend eingekreist und die Versorgungswege werden abgeschnitten. Der Chef der russischen Wagner-Söldner erklärt die angrenzende Kleinstadt Soledar für eingenommen. Die Ukraine dementiert.

6. Juni 2023 – Zerstörung des Kachowka-Staudamms: Die mutmassliche Sprengung des Staudamms ist ein weiterer fürchterlicher Tiefpunkt des Krieges. Dutzende Ortschaften und riesige Gebiete an landwirtschaftlichen Nutzflächen werden überschwemmt. Moskau und Kiew geben sich einander die Schuld. Mehrere Hinweise sprechen für eine Sprengung des Damms durch die russische Armee.

23./24. Juni – Aufstand in Russland: Mehr als 24 Stunden hält Jewgeni Prigoschin Russland und die ganze Welt mit seinem Aufstand gegen die Führung in Moskau in Atem. Der Chef der russischen Privatarmee Wagner erklärt öffentlich, dass die verantwortliche Militärführung Russlands gestoppt werden müsste. Am selben Tag, rund 200 Kilometer vor Moskau, stoppt der Vormarsch in Richtung der russischen Hauptstadt allerdings. Kurz darauf bestätigt der Kreml, dass Prigoschin nach Belarus ausreisen wird. Zwei Monate später stirbt der Wagner-Chef bei einem Flugzeugabsturz nördlich von Moskau.

Herbst 2023 – Die ukrainische Offensive steckt fest: Die Ukrainer haben zwar die russische Hauptverteidigungslinie zum Teil durchbrochen, kommen aber seit Wochen nicht mehr weiter. Es gibt dauernd Gefechte, ohne dass sich die Front verschiebt. Laut SRF-Korrespondent David Nauer handelt es sich um einen Abnützungskrieg, unter dem auch die ukrainische Zivilbevölkerung massiv leidet.

22. September – Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte getroffen: Ukrainische Raketen treffen das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte auf der Krim. Das Gebäude in der Hafenstadt Sewastopol wird schwer beschädigt. Damit bringe Kiew die russische Dominanz im Schwarzen Meer endgültig ins Wanken, meint SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky .

Ende 2023 – Massiver Luftangriff auf die gesamte Ukraine: Weit über 100 Drohnen und Raketen hat Russland laut der ukrainischen Luftwaffe auf die Ukraine abgefeuert. Es soll einer der umfangreichsten Angriffe seit Beginn von Russlands Invasion gewesen sein. Aus Kiew, Charkiw, Odessa, Dnipro und auch im westlichen Lwiw, das vom Krieg bislang weitgehend verschont geblieben ist, wurden Einschläge gemeldet. «Die Ukraine ist so verwundbar wie seit Langem nicht mehr», stellt SRF-Korrespondent Calum MacKenzie fest .

3. Januar 2024 – Grösster Gefangenenaustausch seit Kriegsbeginn: Zu Jahresbeginn können knapp 500 ukrainische und russische Kriegsgefangene nach Hause zurückkehren. Insgesamt konnten durch die rund 50 Gefangenenaustausche schon mehrere Tausend Menschen rückgeführt werden.

Zwei Soldaten liegen sich in den Armen. Weitere Männer stehen daneben.
Legende: Der Gefangenenaustausch kam auf Vermittlung der Vereinigten Arabischen Emirate zustande. Keystone/EPA/PRESIDENTIAL PRESS SERVICE

17. Februar 2024 – Die ukrainische Armee zieht sich aus Awdijiwka zurück: Kurz vor dem zweiten Jahrestag des Beginns der russischen Invasion muss die ukrainische Armee einen schweren Rückschlag hinnehmen: Sie zieht sich aus der seit Monaten stark umkämpften ostukrainischen Stadt Awdijiwka zurück.

Publizistischer Hinweis

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Dieser Artikel wurde erstmals am 24. Febraur 2023 publiziert und im Hinblick auf den zweiten Jahrestag des Kriegsbeginns ergänzt.

Club, 20.02.2024, 22:25 Uhr;kesm

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