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80. Jahrestag So gedenkt Europa des Endes des Zweiten Weltkriegs

  • Unter dem Eindruck neuer internationaler Konflikte und der Herausforderung der westlichen Demokratien haben Deutschland und andere Staaten des Endes des Zweiten Weltkrieges vor 80 Jahren gedacht.
  • Im Deutschen Bundestag rief Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dazu auf, an den Lehren aus dem Krieg und der NS-Diktatur konsequent festzuhalten.
  • Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat beim Gedenken dazu aufgerufen, Frieden und Freiheit gegen erneute Bedrohungen zu verteidigen.

Steinmeier warnte in der Gedenkstunde vor Abschottung, aggressivem Nationalismus und der Verachtung von demokratischen Institutionen. «So haben wir in Deutschland schon einmal die Demokratie verloren», sagte er. «Stehen wir ein für unsere Werte. Erstarren wir jetzt nicht in Ängstlichkeit! Beweisen wir Selbstbehauptung.»

Zweiter Weltkrieg forderte Millionen Opfer

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Der von Hitler-Deutschland entfesselte Zweite Weltkrieg forderte nach unterschiedlichen Schätzungen weltweit zwischen 50 und über 60 Millionen Todesopfer, die Mehrheit davon Zivilisten. Besonders schwer traf es die Sowjetunion mit rund 27 Millionen Toten. Deutschland verlor etwa 6.3 Millionen Menschen, darunter viele Soldaten.

Der Krieg endete in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht, die am 8. Mai 1945 in Kraft trat. Zuvor hatten britische und amerikanische Truppen vom Westen her und sowjetische Soldaten aus dem Osten in verlustreichen Kämpfen weite Teile Deutschlands besetzt. In den Reihen der Roten Armee kämpften auch viele Ukrainer.

Die Kapitulationsurkunde wurde zweimal unterzeichnet – einmal im französischen Reims und dann nochmals im sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst. Da war es in Moskau schon nach Mitternacht, weshalb Russland den 9. Mai als Tag der Kapitulation ansieht.

Der Bundespräsident betonte, der 8. Mai sei als Tag der Befreiung inzwischen Kern der gesamtdeutschen Identität. Heute müsse man nicht mehr fragen, ob uns der 8. Mai befreit habe. «Aber wir fragen: Wie können wir frei bleiben?» Ein Auftrag sei auch: «Deutschland wird gebraucht, um Frieden zu ringen, wo er verloren gegangen ist.»

Internationale Ordnung und Demokratie heute angefochten

Der Bundespräsident wies darauf hin, dass die Staatengemeinschaft als Konsequenz aus Vernichtungskrieg und Völkermord eine internationale Ordnung auf Basis des Völkerrechts geschaffen habe. Diese werde heute auch durch die USA infrage gestellt. Steinmeier kritisierte scharf die Politik von US-Präsident Donald Trump, ohne ihn allerdings beim Namen zu nennen. Er sprach von einem «doppelten Epochenbruch» durch den Angriffskrieg Russlands und den Wertebruch Amerikas.

Herzog: Nie schweigen im Angesicht des Hasses

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Israels Präsident Herzog, der in der kommenden Woche in Berlin erwartet wird, dankte den Armeen der Alliierten und allen Kräften, die geholfen hätten, Europa von den Nazis zu befreien. «Wir gedenken auch der 1.5 Millionen jüdischen Soldaten, die gekämpft haben, und von denen eine Viertelmillion nicht zurückgekehrt ist.»

Herzog sagte, die Lehre des damaligen Siegs über die Nazis sei klar: «Wir dürfen nie schweigen im Angesicht des Hasses.» Man dürfe auch Antisemitismus nie ignorieren.

Die Faszination des Autoritären und populistische Verlockungen gewännen auch in Europa Raum, Zweifel an der Demokratie würden laut. Und in Deutschland erstarkten extremistische Kräfte.

Botschafter von Russland und Belarus nicht eingeladen

Zu der Veranstaltung im Plenarsaal des Bundestags waren auch die in Deutschland vertretenen Diplomaten eingeladen, nicht aber die Botschafter von Russland und Belarus. Sie waren wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine unerwünscht.

Steinmeier würdigt Beitrag der Roten Armee

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Steinmeier dankte Amerikanern, Briten, Franzosen und allen anderen, die den Kampf gegen den nationalsozialistischen Terror geführt hätten. «Wir wissen auch, welchen Beitrag die Rote Armee dabei geleistet hat, Russen, Ukrainer, Weissrussen und alle, die in ihr gekämpft haben.» Die Rote Armee habe Auschwitz befreit. Mindestens 13 Millionen dieser Soldaten und noch einmal so viele Zivilisten hätten ihr Leben verloren.

«All das vergessen wir auch nicht. Aber gerade deshalb treten wir den heutigen Geschichtslügen des Kreml entschieden entgegen. Auch wenn das morgen bei den Siegesfeiern in Moskau wieder behauptet werden sollte: Der Krieg gegen die Ukraine ist eben keine Fortsetzung des Kampfes gegen den Faschismus.» Putins Feldzug gegen ein freies, demokratisches Land habe nichts gemein mit dem Kampf gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft im Zweiten Weltkrieg.

Auf der Zuschauertribüne im Reichstagsgebäude sassen unter anderem die Botschaft Israels und der Ukraine, Ron Prosor und Oleksii Makeiev, sowie der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster.

Macron ruft zur Verteidigung des Friedens auf

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat beim Gedenken zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs dazu aufgerufen, Frieden und Freiheit gegen erneute Bedrohungen zu verteidigen. «In den letzten Jahren erleben wir die Wiederkehr des Kriegsgespenstes, das Wiederaufleben von Imperialismus und totalitären Verhaltensweisen und die erneute Missachtung des Völkerrechts», sagte Macron vor der Kranzniederlegung am Grab des unbekannten Soldaten am Triumphbogen an den Pariser Champs-Élysées. 

«Es ist noch nicht vorbei. Und wir werden nie aufhören, für den Sieg zu kämpfen. Und wir werden nie aufhören, den Frieden zu verteidigen», sagte Macron. Zuvor hatte Macron die traditionelle Militärparade auf den von Tausenden Zuschauern gesäumten Champs-Élysées abgenommen.

Selenski erinnert an Millionen Kriegstote der Ukraine

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Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski betonte die Rolle seines Landes bei der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus. Acht Millionen Ukrainer seien im Kampf um die Freiheit damals gefallen, sagte er in einer Videobotschaft. Auch heute müsse das «Böse» mit vereinten Kräften bekämpft werden, betonte er mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen sein Land.

Drei Personen bei einer Gedenkveranstaltung mit Kränzen.
Legende: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier legt zusammen mit Bundestagspräsidentin Julia Klöckner und Bundeskanzler Friedrich Merz an der zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, einen Kranz nieder. Keystone/BERND VON JUTRCZENKA

SRF 4News, 8.5.2025, 18 Uhr ; 

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