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Abwahl von Kevin McCarthy Ein schwacher Vorsitzender und seine zerstrittene Partei

Im Januar nahm Kevin McCarthy auf einem wackligen Stuhl Platz. Erst nach 15 Wahlgängen machte ihn seine Partei zum Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, der grossen Kammer des US-Kongresses. Die Republikaner verfügen dort nur über eine hauchdünne Mehrheit.

Um auf die nötigen Stimmen zu kommen, machte McCarthy dem rechten Parteiflügel Zugeständnisse – und schwächte damit seine Position. Fortan konnte zum Beispiel ein einziger Abgeordneter, oder eine einzige Abgeordnete, eine Abstimmung zur Absetzung McCarthys verlangen.

Der rechte Parteiflügel trieb McCarthy vor sich her

Matt Gaetz, ein erbitterter innerparteilicher Gegner von McCarthy, löste diese Woche eine solche Abstimmung aus und brachte McCarthy zu Fall. Eine grosse Mehrheit seiner Parteikolleginnen und -kollegen hielten McCarthy die Stange. Aber die Demokraten, die McCarthy theoretisch hätten retten können, stimmten geschlossen gegen ihn.

Und so reichte eine kleine Minderheit von acht Republikanerinnen und Republikanern, um McCarthy aus dem Amt zu entfernen. Er ist der erste «Speaker» überhaupt, der auf diese Weise seinen Posten verliert.

McCarthy hätte erneut kandidieren können, sieht jedoch davon ab. Er dürfte als schwacher Vorsitzender des Repräsentantenhauses in Erinnerung bleiben – einer, der es nicht schaffte, seine Fraktion zusammenzuhalten und die knappe republikanische Mehrheit zu kontrollieren. Der rechte Parteiflügel trieb McCarthy vor sich her, forderte ein Zusammenstreichen der Staatsausgaben, um das Defizit in den Griff zu kriegen.

Die Abgeordneten am rechten Rand warfen McCarthy vor, er breche die Versprechen, die er im Januar gemacht habe, um Vorsitzender zu werden. Sie geisselten ihn, als er mit Präsident Joe Biden eine Vereinbarung traf, um die Schuldenobergrenze anzuheben und die USA damit vor der Zahlungsunfähigkeit zu bewahren.

Republikanische Partei ist zerstritten

McCarthy versuchte, den rechten Flügel zufriedenzustellen, als er, obwohl Beweise fehlen, Untersuchungen in die Wege leitete, die in einem Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Joe Biden münden könnten. Vergeblich.

Der parteiinterne Zwist führte schliesslich zu einem Showdown: Im Streit um ein Budget stellten sich Abgeordnete am rechten Rand quer und schienen gewillt, die Behörden der Bundesregierung in einen «Shutdown» laufen zu lassen.

Doch McCarthy kooperierte mit den Demokraten, um ein Übergangsbudget zu verabschieden. Diese Kooperation führte, nebst anderem, zu seiner Absetzung. Damit steht das Repräsentantenhaus ohne Vorsitzenden da, die republikanische Partei ist zerstritten, sie wirkt chaotisch und unfähig, mit ihrer knappen Mehrheit zu funktionieren.

Die Wahl eines Speakers kostet Zeit. Und dem US-Kongress droht eine Blockade. Ausgerechnet jetzt: Bis am 17. November muss ein neues Budget stehen. Ansonsten droht erneut ein Shutdown.

Andrea Christen

USA-Korrespondent

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Andrea Christen ist USA-Korrespondent für Schweizer Radio SRF. Zuvor war er stellvertretender Redaktionsleiter von SRF 4 News und Auslandredaktor. Er arbeitet seit 2010 für SRF.

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HeuteMorgen, 03.10.2023, 06:00 Uhr

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