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Hat Grossbritannien afghanische Helfer und Helferinnen verraten?
Aus Rendez-vous vom 07.12.2021. Bild: Keystone
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Abzug aus Afghanistan London soll Tausende Afghanen im Stich gelassen haben

Beim Rückzug aus Afghanistan hätten die Beamten des britischen Aussenministeriums bloss Dienst nach Vorschrift geleistet, kritisiert ein Whistleblower. Jetzt wurde eine Untersuchung eingeleitet.

Darum geht es: Als Kabul im August in die Hände der Taliban fiel, versuchten Hunderttausende Afghaninnen und Afghanen aus dem Land zu fliehen. Insbesondere jene, die während Jahren für die westlichen Alliierten gearbeitet hatten, fürchteten sich vor Racheakten der Taliban. Jetzt erhebt ein ehemaliger Mitarbeiter des britischen Aussenministeriums schwere Vorwürfe gegen die Regierung. Bis zu 150'000 Afghaninnen und Afghanen hätten London vergeblich um Hilfe gebeten. Sie seien letztlich im Stich gelassen worden.

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Aus dem Archiv: Chaos am Flughafen von Kabul
Aus Tagesschau vom 16.08.2021.
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Das lief schief in London: Tausende Reiseanträge von Afghaninnen und Afghanen, die diese per E-Mail nach London schickten, sollen gar nicht gelesen oder bearbeitet worden sein. Der ehemalige Beamte sagt, er sei an manchen Tagen allein zuständig gewesen für die Bearbeitung von Hunderten Reiseanträgen. Seine Kolleginnen und Vorgesetzten seien entweder nicht erreichbar oder im Homeoffice gewesen. «Ein Bild des Chaos – wenn es denn zutrifft», sagt dazu SRF-Korrespndent Patrik Wülser in London.

Manche befinden sich jetzt unter jenen Afghanen, die mit Gummibooten aus Frankreich über den Ärmelkanal kommen.
Autor: Patrik Wülser SRF-Korrespondent in London

So glaubwürdig ist der Whistleblower: Dass sich der junge Beamte nicht an eine britische Boulevardzeitung wandte, sondern vor einer parlamentarischen Kommission aussagte, spreche für die Glaubwürdigkeit des Mannes, so Wülser. «Die Vorwürfe decken sich mit Fakten und bereits bekannten Tatsachen.» Dazu gehören Klagen von in Kabul zurückgelassenen Afghanen oder die Tatsache, dass der britische Aussenminister Dominic Raab beim Rückzug aus Afghanistan Ferien am Mittelmeer machte. Daneben gebe es aber auch Auffälligkeiten in den Aussagen des Mannes, sagt der Korrespondent. So habe er gesagt, Raab habe E-Mails erst nach Stunden beantwortet – dabei korrespondieren Minister in Krisen wohl kaum direkt mit subalternen Beamten.

Raab ist jetzt Justizminister

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Legende: Reuters

Dominic Raab leitete unter Grossbritanniens Premierministerin Theresa May eine Zeitlang das Brexit-Ministerium. Unter dem neuen Premier Boris Johnson war Raab ab dem 24. Juli 2019 britischer Aussenminister. Am 15. September 2021 wurde bekannt, dass Johnson sein Kabinett umbaut und Raab ins Justizministerium wechselt. Raab wurde zugleich Stellvertreter von Johnson (Deputy Prime Minister) und Lord Chancellor.

Das sind die schlimmsten Versäumnisse: Am schwersten wiegt der Vorwurf des Whistleblowers, dass die Beamten des Aussenministeriums während der grössten Militärevakuation seit dem Zweiten Weltkrieg nicht an Deck waren und bloss aus dem Homeoffice agiert haben. «Sie sollen bloss Dienst nach Vorschrift geleistet haben», sagt Wülser. Dieses Verhalten werde sogar von Mitglieder der regierenden Torys kritisiert. Dabei waren die Konsequenzen für die betroffenen Afghanen fatal. «Manche von ihnen befinden sich jetzt unter den Migranten aus Afghanistan, die mit Gummibooten aus Frankreich über den Ärmelkanal kommen», so Wülser.

Ex-Aussenminister Dominic Raab hat naturgemäss eine völlig andere Sicht der Dinge.
Autor: Patrik Wülser SRF-Korrespondent in London

Das sagt Ex-Aussenminister Raab: «Dominic Raab hat naturgemäss eine völlig andere Sicht der Dinge», sagt Wülser. Laut Raab arbeiteten die Beamtinnen und Beamten während der Krise rund um die Uhr. Man sei vor einer «unglaublich schwierigen Situation» gestanden und habe am Ende rund 15'000 Personen aus Afghanistan evakuiert. Dabei sei es nicht nur darum gegangen, möglichst schnell zu handeln, so Raab. Man habe die richtigen Personen evakuieren müssen. «Welches die Fakten und welches Ausreden sind, wird wohl erst die parlamentarische Untersuchung ans Licht bringen», glaubt Korrespondent Wülser.

Rendez-vous, 07.12.2021, 12:30 Uhr;

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