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Jüdische Gemeinde in Deutschland in Sorge
Aus Echo der Zeit vom 14.05.2021. Bild: Keystone
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Antisemitismus in Deutschland Eskalation in Nahost – und im Umgangston mit deutschen Juden

In Deutschland kam es wegen der Eskalation im Nahen Osten in den letzten Tage zu mehreren Demonstrationen von pro-palästinensischen Kreisen. Dabei wurden israelische Fahnen vor Botschaften zerstört, Synagogen beschädigt, bei Protesten in Bremen und anderen Städten wurde anti-israelische und antisemitische Parolen gerufen. SRF-Korrespondent Peter Voegeli hat mit einer jungen Frau in Berlin über ihre Ängste gesprochen.

Peter Voegeli

Peter Voegeli

Italien-Korrespondent

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Peter Voegeli ist seit Januar 2022 Italien-Korrespondent von Radio SRF. Von Rom aus hat er auch den Vatikan, Griechenland und Malta im Blick. Zwischen 2005 und 2011 berichtete er als USA-Korrespondent aus Washington DC. Danach war er während dreieinhalb Jahren Moderator von «Echo der Zeit» und von 2015 bis 2021 Deutschland-Korrespondent in Berlin. Von 1995 bis 2005 arbeitete der Historiker als Korrespondent für Schweizer Printmedien in Bonn und Berlin.

SRF News: Wie reagiert die jüdische Gemeinde auf diese Entwicklung?

Sie ist sehr besorgt. Ich habe mit einer 32-jährigen Jüdin in Berlin gesprochen. Sie sagt, die Leute in der jüdischen Community seien ständig in Kontakt mit Verwandten und Bekannten in Israel. Wie es ihnen geht, ist die Hauptsorge.

Immer, wenn es Krieg im Nahen Osten gibt, ist die jüdische Gemeinde in Deutschland viel besorgter, als wenn etwas in Deutschland selbst passiert.

Aber auch in Deutschland selbst herrscht grosse Sorge, weil die Stimmung sehr aufgeladen ist, nicht nur auf den Strassen, auch in den sozialen Medien. Die Frau hat zum Beispiel einen Post erhalten, auf dem man ein Bild von Hitler sieht und ein Bild eines Konzentrationslagers. Dazu den Satz: «Ich hätte alle Juden umbringen sollen, aber ich habe einige am Leben gelassen, damit alle sehen, was das für Leute sind». Das ist so ungefähr der Umgangston.

Kritik äussert die jüdische Gemeinde auch an der Bewegung Fridays for Future und an Greta Thunberg. Sie sagt, sie sollten sich auf ihr Kernthema beschränken, auf dem sie kompetent seien, das Klima. Und schliesslich – das scheint mir sehr wichtig: Immer, wenn es Krieg im Nahen Osten gibt, ist die jüdische Gemeinde in Deutschland viel besorgter, als wenn etwas in Deutschland selbst passiert. Und das ist doch bemerkenswert.

Wie meinen Sie das? Nennen Sie ein Beispiel.

2019 gab es ja einen Anschlag auf eine Synagoge in Halle. Meine Gesprächspartnerin war in dieser Synagoge, aber die Angst vor einem verstärkten Antisemitismus kam ihr nicht nach Halle, sondern vorher. Nämlich beim Gazakrieg 2014, als Demonstranten auf dem Kurfürstendamm in Berlin riefen: «Hamas, Hamas, Juden ins Gas». Das sind die drei wichtigsten Stimmungsaspekte aus der jüdischen Gemeinde in Deutschland.

Eine aufgeladene Stimmung, bedrohliche Posts in den sozialen Medien: Reagiert die deutsche Politik auf die Sorgen der Jüdinnen und Juden?

Mir scheint schon. Rhetorisch sind die Reaktionen klarer und entschlossen als auch schon, ist mein Eindruck. Das war auch der Eindruck meiner jüdischen Gesprächspartnerin. Man setzt sich unmissverständlich für das Existenzrecht Israels und gegen Antisemitismus in Deutschland ein. Da sind die Reaktionen der Politikerinnen und Politiker – zumindest die rhetorischen – deutlich.

Das sind verbale Solidaritätsbekundungen. Aber gibt es auch Handfestes? Werden die jüdischen Einrichtungen zum Beispiel besser geschützt?

In Berlin ist die Polizeipräsenz vor jüdischen Einrichtungen ohnehin relativ hoch. Sie wurde auch verstärkt. Gefährlicher ist es eher in kleinen Orten. Da wurde sie aber auch verstärkt nach diesem Anschlag in Halle. Es werden am Wochenende mehrere Demonstrationen erwartet, zum Beispiel in Berlin, und da wird man sehen, wie entschlossen die Polizei konkret einschreiten wird.

Das Gespräch führte Nicoletta Cimmino.

Echo der Zeit, 14.05.2021, 18:00 Uhr;

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