Der Inselstaat der Salomonen im Pazifischen Ozean sorgt selten für Schlagzeilen. Aber die Wahlen Mitte April wurden in westlichen Staaten aufmerksam verfolgt. Denn der bisher regierende Premierminister Manasseh Sogavare hatte sich in den letzten Jahren zunehmend China zugewandt. Kein anderer pazifischer Inselstaat hat heute so enge Beziehungen zu China wie die Salomonen.
2022 unterzeichnete die damalige Regierung gar einen Sicherheitspakt mit Peking. Gross war deshalb die Erleichterung – vor allem in den USA und in Australien – dass Sogavare schliesslich abgewählt wurde. Und doch ist es fraglich, ob sich die Salomonen nun wieder verstärkt dem Westen zuwenden.
Der neu gewählte Premierminister der Salomonen heisst Jeremiah Manele. Er ist kein Unbekannter in der Politik des Inselstaates. Der 56-jährige Karrierediplomat diente in der Regierung seines Vorgängers als Aussenminister. Er gilt aber als besonnener und weniger provokativ als Sogavare.
Starke Bande mit China
Doch an den engen Beziehungen der Salomonen zu China werde sich vermutlich wenig ändern, sagt Jon Fraenkel. Er ist Politologie-Professor an der Victoria Universität in Neuseeland. Premierminister Manele sei federführend gewesen beim Entscheid von 2019, sich von Taiwan abzuwenden und sich China zuzuwenden.
Die enge Beziehung zu China brächten dem kleinen, wenig entwickelten Pazifikstaat viele Vorteile, betont Fraenkel. So geht etwa der Grossteil der Exportgüter der Salomonen, vor allem Tropenholz, nach China. Ausserdem lebten im Inselstaat viele Chinesen.
Dennoch sieht Fraenkel auch eine Chance für den Westen. Der Wechsel an der Regierungsspitze auf den Salomonen gebe regionalen Mächten wie Australien und den USA die Gelegenheit, die Beziehung zum Pazifikstaat neu zu definieren – und umgekehrt.
Bevölkerung hat andere Sorgen
Auf dem Fischmarkt in der salomonischen Hauptstadt Honiara interessiert sich kaum jemand für diese geopolitischen Fragen. Die Thunfische, die unter praller Sonne angeboten werden, kosten heute 20 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.
Der frühere Premierminister Sogavare sei vom Volk nicht wegen seiner China-Politik abgestraft worden, sondern weil er zu wenig getan habe gegen die alltäglichen Sorgen der Bevölkerung, sind lokale Journalisten überzeugt. Dazu gehören drastisch gestiegene Lebenshaltungskosten, endemische Armut, der Mangel an Arbeitsplätzen und Ausbildungsmöglichkeiten sowie eine ungenügende Gesundheitsversorgung.
Ob sich die neue Regierung auf den Salomonen künftig stärker dem Westen oder China zuwenden wird, hängt deshalb auch davon ab, von wo die Regierung die nötige Unterstützung erhält, um den Inselstaat wirtschaftlich zu entwickeln und die Lebensumstände der Menschen auf den vielen abgelegenen Inseln des Archipels zu verbessern.