Der neue argentinische Präsident Alberto Fernández steht vor einer schwierigen Aufgabe. Argentiniens Wirtschaft ist am Boden, die Inflation beträgt weit über 50 Prozent. Sechs Wochen nach seiner Wahl hat der gemässigte Links-Politiker Fernández das Amt angetreten.
Die Wirtschaftskrise war das grosse Thema in seiner ersten Ansprache. Was er vorschlägt, um das Land aus der Krise zu hieven, sei aber Wunschdenken, sagt Ulrich Achermann.
SRF News: Wie will Alberto Fernández die Wirtschaftskrise bewältigen?
Ulrich Achermann: Es ist das klassische linksliberale Szenario, das nun in Argentinien wieder im Raum steht. Fernández will die Einkommen – also die Mindestlöhne und die Pensionen – anheben, damit die Menschen wieder mehr Geld in der Tasche haben. Das soll zu Wirtschaftswachstum führen.
Knapp 40 Prozent der Bevölkerung in Argentinien leben in Armut.
In Argentinien ist nicht nur die Wirtschaftslage schlecht, auch die sozialen Verhältnisse lassen sehr zu wünschen übrig. Knapp 40 Prozent der Bevölkerung leben in Armut. Und das in einem Land, das eine leistungsfähige Landwirtschaft hat und Lebensmittel für etwa 400 Millionen Menschen produziert.
Wie realistisch ist Fernández' sozialpolitischer Plan?
Ich glaube, vieles ist Wunschdenken. Argentinien ist pleite und kann seine Auslandsschulden nicht mehr abstottern. Da möchte man mit den Geldgebern, dazu gehört der Internationale Währungsfonds als grösster Geldgeber, ins Geschäft kommen, um die Dienstleistungen einzustellen. Das Ziel ist, Zeit zu schinden – etwa zwei Jahre. So gäbe es frei werdendes Geld, das man in die Sozialpolitik pumpen könnte.
Argentinien steht bereits am Rande eines Staatsbankrotts. Kann Fernández seine Pläne finanzieren?
Das ist in der Antrittsrede nicht klar geworden. Fernández hat sich nicht dazu geäussert, wie die Finanzierung aussehen soll. Das Geld, das frei werden würde, wäre sicher die grösste Finanzierungsquelle einer solchen Sozialpolitik. Aber das dauert, und es ist alles andere als sicher, ob die Gläubiger mitmachen werden.
Fernández steht vor gewaltigen Herausforderungen. Wie gross ist die Gefahr eines Scheiterns?
Es ist nicht sehr aussichtsreich, mit einem mehr oder weniger populistischen Programm anzutreten. Es steht und fällt mit dem Entscheid der Gläubiger; ob sie den Argentiniern ein bisschen Schnauf lassen oder nicht. Aber die Gefahr des Scheiterns ist sicher sehr gross.
Das Gespräch führte Barbara Büttner.