Der Boom: Eine tschechische Rüstungsfirma nach der anderen vermeldet neue Umsatzrekorde. Die Czechoslovak Group (CSG), das grösste tschechische Rüstungsunternehmen, hat ihre Zahlen für letztes Jahr noch nicht veröffentlicht, aber bereits bekannt gegeben, dass sie das Rekordergebnis von 2022 übertroffen hat. «Unsere Produkte gingen vor allem in Nato-Länder. Aber auch der Anteil der Ukraine an unserem Umsatz ist signifikant», sagte der CSG-Sprecher gegenüber novinky.cz.
Die Firma hat angekündigt, sie werde hunderte Millionen Euro in neue Munitionsfabriken in der Ukraine investieren. Auch kleine Unternehmen profitieren vom Boom. So hat zum Beispiel auch Inflatech, ein kleines Unternehmen, das in Nordböhmen aufblasbare Panzerattrappen herstellt, ein Rekordergebnis eingefahren.
Das historische Erbe: Die Tschechoslowakei war schon vor dem Zweiten Weltkrieg ein Zentrum der Rüstungsindustrie. Im Kommunismus lieferte das Land dann Waffen und Munition in alle Länder des Warschauer Pakts. Nach dem Ende des Kommunismus brachen die Verkäufe ein. Die Branche schrumpfte rasant, sowohl in der Tschechischen Republik wie in der Slowakei.
Eine wichtige Nische wurde das Herstellen von Munition für Waffensysteme aus kommunistischen Zeiten sowie die Instandsetzung von sowjetischen Panzern. Das ist derzeit vor allem für die ukrainische Armee wichtig, die zum Beispiel bis heute sowjetische T-72-Panzer einsetzt.
Das Versprechen: Nach mehr als zwei Jahren Krieg droht der Ukraine die Munition auszugehen. Als Reaktion darauf hat der tschechische Präsident Petr Pavel versprochen, auf dem Weltmarkt 800'000 Schuss dringend benötigter Artilleriemunition für die Ukraine aufzutreiben, vorausgesetzt andere Länder helfen bei der Finanzierung. Offenbar hat man die geschätzt eineinhalb Milliarden Euro, die dafür nötig sind, beisammen. Im Juni sollen die ersten Artilleriegranaten aus dem Programm in die Ukraine geliefert werden.
Tschechien unterstützt die Ukraine seit dem Beginn des Kriegs gegen Russland. Als erstes Land lieferte Tschechien nach dem russischen Angriff schwere Waffen in die Ukraine.
Tschechien als Munitionsdrehscheibe: Tschechien sei in der Welt des internationalen Waffenhandels bestens vernetzt und daher in einer besonders guten Lage, für die Ukraine Munition auch von Nicht-Nato-Staaten aufzutreiben, sagt Präsident Pavel, ein ehemaliger General. Tschechien vermittelt dabei den Kauf der Munition und organisiert – mit der Unterstützung Polens – die Lieferung in die Ukraine. Die Herkunft der Munition soll dabei verschleiert werden. Teilweise kommt sie nämlich aus Ländern, die auch mit Russland handeln und nicht ins Visier des Kremls kommen wollen.