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Beatrice Fihn kämpft für Atomwaffenverbot
Aus Rendez-vous vom 16.06.2021. Bild: Keystone
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Atomwaffenverbot «Ich verstehe die Haltung der Schweiz nicht»

Sie ist noch keine 40 Jahre alt und hat bereits den Friedensnobelpreis: Beatrice Fihn von der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN). Ihr Engagement führte zum Atomwaffenverbotsvertrag (TPNW). Darin verpflichten sich 51 Staaten, niemals Atomwaffen herzustellen, zu kaufen oder einzusetzen. Die neun Atommächte haben diesen Vertrag jedoch nie unterzeichnet, unter ihnen Russland und die USA. Auch die Schweiz macht nicht mit. Dabei sollte sie hier ihren Einfluss geltend machen, sagt sie.

Beatrice Fihn

Beatrice Fihn

Friedensnobelpreisträgerin

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Beatrice Fihn, eine schwedische Juristin, ist die Direktorin der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Nuklearwaffen (ICAN) mit Sitz in Genf. Sie erhielt 2017 den Friedensnobelpreis für ihr Engagement.

SRF News: Joe Biden und Wladimir Putin sind in Genf, wo die ICAN den Sitz hat. Was würden Sie den beiden Präsidenten gern sagen wollen?

Beatrice Fihn: Ich würde ihnen sagen, dass das Risiko des Einsatzes von Nuklearwaffen höher ist als je zuvor. Seit zehn Jahren eskaliert die Situation mit einem neuen nuklearen Wettrüsten, einem riesigen Modernisierungsprogramm, massiven Ausgaben für Nuklearwaffen und einer martialischen Rhetorik. Es ist wirklich an der Zeit, dass Russland und die USA auf den Rest der Welt hören, an einen Tisch kommen und diskutieren, wie sie nuklear abrüsten und dem Atomwaffenverbotsvertrag beitreten können.

Was bringt der Vertrag, wenn die Atommächte nicht mitmachen?

Wir haben den Vertrag über das Verbot von Atomwaffen ausgehandelt und in Kraft gesetzt. Nun sind seit dem 20. Januar dieses Jahres Atomwaffen völkerrechtlich verboten, und das ist ein gewaltiger Fortschritt für die Welt.

Die Schweiz könnte hier eine grundlegende Rolle spielen, indem sie wirklich Druck macht und gegen Atomwaffen mobilisiert.

Natürlich sind die atomar bewaffneten Staaten diesem Vertrag noch nicht beigetreten, daher gilt er für sie nicht. Aber wir können diesen Vertrag nun nutzen, um mehr Druck auf diese Länder auszuüben. Und die Schweiz könnte hier eine grundlegende Rolle spielen, nicht nur als Gastgeberin dieses Gipfeltreffens, sondern auch, indem sie dem Vertrag über das Verbot von Atomwaffen beitritt, wirklich Druck macht und gegen Atomwaffen mobilisiert.

Verstehen Sie die Schweiz und ihre Haltung?

Nein, ich verstehe sie nicht. National und Ständerat, also beide Kammern, haben eine Resolution verabschiedet, die besagt, dass die Schweiz dem Vertrag beitreten soll. Auch das Volk will dem Vertrag beitreten, das haben Umfragen gezeigt, die wir gemacht haben. Wir wissen, dass es starke Unterstützung in der Schweizer Bevölkerung gibt, dem Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten. Die Städte Genf, Zürich, Bern, Basel – alle grösseren Städte der Schweiz – haben Anträge auf den Beitritt gestellt. Wir warten jetzt darauf, dass der Bundesrat die richtige Entscheidung trifft, um auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen.

Überlebende weiss, was Atomwaffen bedeuten

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Legende: Keystone

Setsuko Thurlow spricht bis heute öffentlich über das unvorstellbare Leiden, dass der Abwurf der Atombombe über Hiroshima hervorgerufen hat. Sie war 13 Jahre alt und gerade in der Schule, als die Bombe detonierte. Sie überlebte fast als einzige ihrer Klasse, sie erzählt, wie sie Menschen durch die Strassen laufen sah, die nicht mehr wie Menschen aussahen, und wie noch Jahrzehnte später die Menschen an den Folgen der Verstrahlung starben. «Putin und Biden wissen nicht, was Atomwaffen bedeuten, aber Setsuko weiss es, sie hat es erlebt», sagt Fihn.

Es gibt Strategen, die sagen, Atomwaffen würden abschreckend wirken und so Kriege verhindern. Was sagen Sie dazu?

Es gibt keine Beweise dafür, dass dies tatsächlich wahr ist. Aber was man sehen muss, ist, was Atomwaffen wirklich bedeuten. Wenn wir sie behalten, werden sie irgendwann benutzt. Und gerade jetzt steigt das Risiko dafür.

Noch viel weniger Kapazitäten gäbe es, nach einem Atombombenangriff die Verletzten zu versorgen.

Wir haben während der Corona-Pandemie gesehen, dass es nicht genug Kapazitäten im Gesundheitswesen gibt, um damit fertig zu werden. Noch viel weniger Kapazitäten gäbe es, nach einem Atombombenangriff die Verletzten zu versorgen. Das Internationale Rote Kreuz hat wiederholt gesagt, dass es weder in der Schweiz noch weltweit oder bei internationalen Organisationen wie der UNO Kapazitäten gibt, um auf solche Angriffe zu reagieren. Wir müssen also wirklich verhindern, dass es passiert, bevor es passiert.

Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.

Rendez-vous, 16.06.2021, 12:30 Uhr;

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