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Aufarbeitung des 7. Oktobers Israelische Armee untersucht ihr Verhalten

Am 7. Oktober griff die Hamas Israel an. Sie tötete über 1200 Menschen und entführte rund 250 in den Gazastreifen. Der terroristische Angriff führte zum Krieg im Gazastreifen. Das Verhalten der israelischen Armee im Gazakrieg und in dessen Vorfeld wirft Fragen auf und treibt die israelische Bevölkerung um. Was ist in den Tagen um den 7. Oktober innerhalb der Armee geschehen? Das will die israelische Armee herausfinden und führt eine Untersuchung durch. Was sie genau untersuchen will, erklärt SRF-Auslandkorrespondentin Susanne Brunner.

Susanne Brunner

Leiterin Auslandredaktion

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Susanne Brunner war für SRF zwischen 2018 und 2022 als Korrespondentin im Nahen Osten tätig. Sie wuchs in Kanada, Schottland, Deutschland und in der Schweiz auf. In Ottawa studierte sie Journalismus. Bei Radio SRF war sie zuerst Redaktorin und Moderatorin bei SRF 3. Dann ging sie als Korrespondentin nach San Francisco und war nach ihrer Rückkehr Korrespondentin in der Westschweiz. Sie moderierte auch das «Tagesgespräch» von Radio SRF 1. Seit September 2022 ist sie Leiterin der Auslandredaktion von Radio SRF.

Hier finden Sie weitere Artikel von Susanne Brunner und Informationen zu ihrer Person.

Welche Ereignisse um Israels Militäreinsatz sollen untersucht werden?

Ein Armeeuntersuchungsteam hat mehrere Ereignisse ausgewählt, welche sie untersuchen will. Darunter ist der Tod von 13 Geiseln der Hamas im Kibbuz Beeri. Die Untersuchung soll weiter zeigen, warum die israelische Armee nichts von einem bevorstehenden Angriff der Hamas gemerkt habe. Denn Soldatinnen, sogenannte Späherinnen an der Grenze zu Gaza, hatten Vorbereitungen der Hamas beobachtet und ihren Offizieren davon berichtet.

Was ist im Kibbuz Beeri passiert?

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Ein israelischer Offizier habe befohlen, das Haus, in dem sich bekannterweise Geiseln befanden, mit Panzerfeuer zu beschiessen. Das berichteten Augenzeuginnen und -zeugen. Dieses Ereignis treibt die israelische Öffentlichkeit besonders um.

Was ist das Ziel der Untersuchung zu Israels Militäreinsatz?

Ziel dieser Untersuchung ist es, einen zeitlichen Ablauf der Ereignisse zu rekonstruieren. So sollen Fehler erkannt und Vorwürfe aufgearbeitet werden.

Wie hat sich die israelische Armee am 7. Oktober verhalten?

Ich war am Morgen nach dem 7. Oktober vor Ort. Am Tag und in den Tagen nach dem Angriff war die Armee kaum präsent, ausgerechnet in Israel. Wir fuhren damals durch leere Strassen. Die Hamas war noch immer in Israel. Die Armee war entweder nicht präsent oder völlig überfordert mit der Situation. Soldaten erschossen Israelis, die sich vor Terroristen versteckten. Die Bevölkerung in den Kibbuzim musste sich selbst verteidigen oder stundenlang auf Hilfe warten. Es gab viele tragische Ereignisse an dem Tag. Und es dauerte mehrere Tage, bis die Armee wieder die Kontrolle hatte.

Israelischer Panzer bewegt sich in der Nähe der Grenze zwischen Israel und Gaza.
Legende: Die Hamas feuerte schon vor dem 7. Oktober Raketen auf die Gaza-Grenzgemeinden. Der Übergang zum Gazastreifen sah aus wie eine Festung. Es gab modernste Überwachungstechnologie. Und trotzdem schien niemand gefasst zu sein auf einen solchen Angriff. Keystone/EP/Leo Correa (15.02.2024)

Wieso wird die Armeeuntersuchung Israels genau jetzt gemacht?

Es gibt viele offene Fragen und gar Verschwörungstheorien in diesem Zusammenhang. Aber vor allem gibt es eine Vertrauenskrise in der Bevölkerung. Die Bevölkerung hat sich bis jetzt immer geschützt gefühlt. Zudem gibt es einen politischen Knatsch zwischen Regierung und der Armeeführung. Deshalb will man nicht warten bis nach dem Krieg.

Warum gibt es keine unabhängige Untersuchung zum Verhalten von Israels Armee?

Die Armee führt diese Untersuchung selbst durch und spiegelt ihr eigenes Verhalten. Auch das ist auf die Probleme zwischen der Armee und der Regierung von Benjamin Netanjahu zurückzuführen; das gegenseitige Vertrauen ist nicht da. Es gibt ein Gerangel um eine staatliche versus eine militärische Untersuchung. Premier Netanjahu betont öffentlich das Versagen von Armee und Geheimdiensten. Armee und Geheimdienste finden, die oberste Verantwortung trägt der Premier.

Was erwartet die Bevölkerung Israels von der militärischen Untersuchung?

Die Bevölkerung in Israel ist sehr gespalten. Die einen wollen die Untersuchung gar nicht, andere wollen eine schonungslose Aufklärung, um aus Fehlern zu lernen. Die einen beschuldigen Premier Netanjahu. Die anderen beschuldigen die Hamas, und die Armee und die Geheimdienste seien nicht vorbereitet gewesen. In ihren Augen trägt Netanjahu keine Schuld.

Rendez-vous, 26.02.2024, 18 Uhr ; 

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