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Aufruhr nach Militärputsch Ausgangssperre und Versammlungsverbot in Burma

  • Zehntausende Menschen in Burma haben am Montag landesweit den dritten Tag in Folge demonstriert.
  • Erstmals wandte sich der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Min Aung Hlaing, im Fernsehen an die Bevölkerung und versprach Neuwahlen.
  • Gleichzeitig verbot die Regierung Versammlungen von mehr als fünf Personen und verhängte eine nächtliche Ausgangssperre.
  • Die USA zeigten sich besorgt, Neuseeland verhängte eine Einreisebeschränkung für die burmesische Militärregierung.

Das Wahlkomitee habe die Coronavirus-Pandemie als Vorwand benutzt, um einen fairen Wahlkampf zu verhindern, sagte der Oberbefehlshaber der Streitkräfte im staatlichen Fernsehen. Mit Neuwahlen solle nun eine «echte und disziplinierte Demokratie» in Burma geschaffen werden.

Zuvor hatte die Armeeführung erklärt, es sollten «legale Massnahmen» ergriffen werden gegen diejenigen, die der Stabilität des Staats, der öffentlichen Sicherheit und der Rechtsstaatlichkeit schadeten.

Dritter Tag in Folge Demonstrationen

Wie schon am Wochenende folgten am Montag Zehntausende den Aufrufen, sich der Bewegung des zivilen Ungehorsams anzuschliessen. Die Proteste sind gegen die Inhaftierung der faktischen Regierungschefin Aung San Suu Kyi gerichtet.

Mehrere Reihen bewaffneter Polizisten waren auf der Strasse in der Hauptstadt Naypyidaw zu sehen und auch Wasserwerfer kamen zum Einsatz. Die Demonstranten riefen der Polizei zu, sie solle dem Volk dienen und nicht der Militärjunta. Die Proteste gingen später ohne grössere Gewalt zu Ende, nachdem die Polizei mit dem Einsatz scharfer Munition gedroht hatte.

In der grössten Stadt Yangon (Rangun) marschierten derweil wie bei der 2007 niedergeschlagenen «Safran-Revolution» Mönche an der Spitze der Demonstrationszüge von Studenten und Arbeitern. In safranfarbenen Gewändern schwenkten sie buddhistische Fahnen und rote Banner, der Symbolfarbe von Suu Kyis Nationaler Liga für Demokratie (NLD). «Rettet die Demokratie» und «Sagt Nein zur Diktatur», war auf Plakaten zu lesen.

Neuwahlen versprochen – ohne Termin

Das Militär hatte am 1. Februar die Macht an sich gerissen – an dem Tag, an dem das neu gewählte Parlament zu seiner ersten Sitzung hätte zusammenkommen sollen. Im November hatte die NLD bei den Wahlen in Burma einen Erdrutschsieg erzielt.

Die Armeeführung erkennt das Ergebnis jedoch nicht an und spricht von Wahlbetrug. Sie hat ein eigenes Kabinett ernannt und einen einjährigen Ausnahmezustand ausgerufen, aber ein Termin für Neuwahlen wurde nicht genannt.

Regierungschefin Aung San Suu Kyi soll unter Hausarrest stehen, wurde aber seit dem Putsch nicht mehr gesehen. Berichten zufolge soll sie angeklagt werden.

Die Regierung hatte nach dem Putsch zuerst Facebook sperren lassen. Daraufhin waren die Demonstranten in den vergangenen Tagen grösstenteils auf andere soziale Netzwerke wie Twitter und Instagram ausgewichen, um sich zu organisieren. Seit Samstag sind diese beiden Plattformen in Burma nicht mehr zugänglich.

«Es könnte ein langer und blutiger Kampf werden»

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Einschätzung von SRF-Korrespondentin Karin Wenger: «Bei den Wahlen im vergangenen November war der Wille des Volkes klar: Die Mehrheit der Burmesinnen und Burmesen will von Aung San Suu Kyi und ihrer Partei regiert werden, nicht von den Generälen.

Deshalb gehen nun erneut Mönche, Studentinnen und Arbeiter friedlich auf die Strasse – die Polizei setzt Wasserwerfer ein. Viele fragen sich nun, ob dies der erste Akt in einer Geschichte ist, die sie kennen und vor deren Wiederholung sie sich fürchten. Das letzte Mal, als sich vergleichbare Menschenmassen gegen die Armee stellten, war 2007. Damals war die Armee mit aller Härte vorgegangen.

Doch Burma ist heute ein anderes Land als noch vor dreizehn Jahren, als die Militärjunta bereits seit Jahrzehnten regierte und die Bevölkerung von der Welt abgeschnitten war. Die Menschen, die nun fünf Jahre lang von einer zivilen Regierung regiert wurden, wissen jetzt, was Freiheit bedeutet. Sie sind dank des Internets mit der Welt verbunden und wollen weiterhin daran teilhaben.

Deshalb werden sie heute, noch bestimmter als bei den letzten grossen Aufständen, für ihre Rechte kämpfen. Wenige glauben jedoch, dass sich die Armee friedlich dem Willen des Volkes beugen wird. Es könnte ein langer und blutiger Kampf werden.»

SRF 4 News, 08.02.2021, 11:30 Uhr ; 

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