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Nach Militärputsch Zehntausende auf den Strassen von Burma

Fast eine Woche nach der Machtübernahme durch das Militär demonstrieren die Leute trotz Angst vor Repressionen.

Der Militärputsch in Burma ist am Montag eine Woche her. Am Wochenende hat sich nun breiter Widerstand formiert: In Yangon gingen zehntausende Menschen auf die Strassen – und auch in vielen anderen Städten des Landes kam es zu Protesten. «Wir wollen keine Militärdiktatur, wir wollen Demokratie», haben sie gerufen. SRF-Südostasien-Korrespondentin Karin Wenger ist in Kontakt mit Bekannten in Burma.

Karin Wenger

Südostasien-Korrespondentin, SRF

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Karin Wenger ist seit Frühling 2016 Südostasien-Korrespondentin von SRF in Bangkok. Sie berichtet über Indonesien, Malaysia, Philippinen, Thailand, Burma, Vietnam und weitere südostasiatische Länder. Wenger lebte zuvor sechs Jahre lang in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Früher berichtete sie als freie Journalistin aus dem Nahen Osten.

SRF News: Unmittelbar nach dem Putsch blieb es relativ ruhig. Die Menschen haben auf Töpfe geschlagen und Hupkonzerte veranstaltet. Warum hat es fast eine Woche gedauert, bis die Massen auf die Strasse gegangen sind?

Karin Wenger: Einerseits sicher, weil die Burmesinnen und Burmesen – wie wir alle – von diesem Militärputsch überrascht worden waren und in eine Art Schockstarre gerieten. Andererseits aber sicher auch, weil sie schlichtweg Angst hatten, auf die Strasse zu gehen, weil sie sich vor der Reaktion des Militärs fürchteten. Man hat bei früheren Protesten gesehen, dass das Militär gewaltsam gegen Demonstrierende vorgeht.

Die Situation ist also gefährlich. Haben die Burmesinnen und Burmesen denn noch andere Mittel – ausser Demonstrieren –, um sich gegen das Vorgehen des Militärs zu wehren?

Sie haben kurz nach dem Putsch eine sogenannte «Kampagne des zivilen Ungehorsams» gestartet. Ich konnte heute mit einem Arzt sprechen, der auch daran teilnimmt. Er arbeitet in einem Regierungs-Spital in Yangon und sagte mir, dass fast alle im Spital – wirklich von den Putzkräften bis zu den Ärztinnen – an dieser Bewegung teilnehmen. Das heisst, sie haben die Arbeit niedergelegt und streiken. Patienten, die nicht auf ganz dringende ärztliche Hilfe angewiesen sind, wurden nach Hause oder ins Militär-Spital geschickt.

Es wäre noch viel schlimmer, wieder in diese dunklen Zeiten der Militärdiktatur zurückzukehren.

Der Arzt sagte mir auch, damit wolle man jetzt den Druck auf die Militärregierung erhöhen. Er ginge heute demonstrieren, auch wenn er Angst habe. Aber er sagte auch: Es wäre noch viel schlimmer, wieder in diese dunklen Zeiten der Militärdiktatur zurückzukehren.

Wie hat denn das Militär auf diese Proteste reagiert?

Das Militär hat zuerst einmal versucht, alle Kommunikationskanäle zu blockieren. Bereits vor einigen Tagen wurde Facebook gesperrt, dann auch Twitter und gestern wurde dann das gesamte Internet abgeschaltet. Erst heute Nachmittag Ortszeit, nach einem ganztägigen Blackout, war es wieder in Betrieb. Die Militärjunta in der Hauptstadt Naypyidaw schweigt zu alldem. Sie liess jedoch seit Montag 160 Personen verhaften.

Trotz des grossen Widerstands, der sich nun auf den Strassen zeigt, bleibt es friedlich.

Bei den Protesten von gestern und heute sah man überall in den Strassen Polizisten mit Schutzschilden. Die Sicherheitskräfte scheinen abzuwarten. Trotz des grossen Widerstands, der sich nun auf den Strassen zeigt, bleibt es also friedlich. Mit Blick auf die Geschichte des Landes muss man aber wohl sagen: Es bleibt noch friedlich.

Das Gespräch führte Valérie Wacker.

SRF 4, Info 3, 7.2.2021, 17 Uhr ; 

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