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Aus Politikerdynastie Griechenlands neuer starker Mann

Bei den Parlamentswahlen holte seine Nea Dimokratia am meisten Stimmen. Doch wer ist Kyriakos Mitsotakis? Ein Porträt.

So zufrieden wie gestern Nacht war Kyriakos Mitsotakis wohl lange nicht mehr. Mit einem breiten Lächeln begrüsste er vor der Parteizentrale an der Athener Pireos-Strasse hunderte Anhänger seiner Nea Dimokratia. Sie hatten sich dort versammelt, um den Sieg der konservativen Partei zu feiern.

Premierminister für alle Bürger

In seiner Siegesrede sagte er, er wolle Regierungschef aller Griechen sein, nicht nur seiner Anhänger: «Ich möchte den griechischen Bürgern für ihr Vertrauen danken. Und ich werde hart arbeiten, um auch diejenigen zu überzeugen, die uns nicht gewählt haben. Wir sind zu wenige, um zerstritten zu sein. Und wir haben viel zu tun.» Er trete das Amt des Regierungschefs an im Bewusstsein, welche nationale Verantwortung er damit übernehme.

Griechische Regierungschefs seit 1974

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  • Alexis Tsipras (2015-2019)
  • Andonis Samaras (2012-2015)
  • Loukas Papadimos (2011-2012)
  • Giorgos Papandreou (2009-2011)
  • Kostas Karamanlis (2004-2009)
  • Konstantinos Simitis (1996-2004)
  • Andreas Papandreou (1993-1996)
  • Konstantinos Mitsotakis (1990-1993)
  • Xenophon Zolotas (1989-1990)
  • Tzannis Tzannetakis (1989-1989)
  • Andreas Papandreou (1981-1989)
  • Georgios Rallis (1980-1981)
  • Konstantinos Karamanlis (1974-1980)

(ohne Übergangsregierungen)

In Griechenland kennt man Mitsotakis. Der 51-jährige Harvard-Absolvent gehört einer wohlhabenden, konservativen Politikerdynastie an und stand schon als Kind in der Öffentlichkeit. Auch sein Vater war einst Regierungschef, seine ältere Schwester Dora Bakojianni war Aussenministerin, und sein Neffe Costas Bakoyiannis ist im Mai zum Bürgermeister von Athen gewählt worden.

Partei mit unrühmlicher Vergangenheit

Die konservative Partei Nea Dimokratia war in der Vergangenheit mitverantwortlich für die Korruption und Misswirtschaft im Lande. Doch Mitsotakis gilt als jemand, der aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat, der sich auch mit den eigenen Reihen anlegt und Reformen voranbringen will.

Ich werde hart arbeiten, um auch diejenigen zu überzeugen, die uns nicht gewählt haben.

Für viele Griechen waren das gute Gründe, um ihn zu wählen. Etwa für die 52-jährige Georgia. Sie sei gegen die Politikerfamilien, die sich an der Macht abwechseln. Sie sei aber auch ein offener Mensch, sagt sie: «Mitsotakis hat es geschafft, mich zu überzeugen, dass er anders ist, dass er seine Partei unter Kontrolle hat und nicht nur eigene Interessen bedient. Wenn er sich auch als Regierungschef daran hält, wird er ein guter Premier – hoffe ich jedenfalls.»

Mitsotakis und Tsipras
Legende: Am Tag nach der Wahl: Der neue Premier Mitsotakis übernimmt das Amt von Alexis Tsipras (r.). Reuters

Im Wahlkampf hatte sich Mitsotakis vor allem auf die Wirtschaft konzentriert. Diese Strategie ist aufgegangen. Immer wieder hat er sich an die Jugend gerichtet, versprochen, dass sich ihre Lebensqualität verbessern werde.

Und er hat versucht, griechische Auswanderer anzusprechen – jene, die die Krise verscheucht hat: «Ich werde euch nicht im Namen eines romantischen Patriotismus bitten, zurückzukehren. Ich möchte euch aber bitten, euren Blick weiter auf Griechenland zu halten», sagte Mitsotakis in seiner Rede. Ab heute arbeite er daran, das Land, welches sie verlassen hätten, zu verändern.

Arbeitsreicher Sommer steht bevor

Mitsotakis findet gekonnt den Spagat zwischen dem, was seine neuen Wähler bewegt und dem, was die traditionellen Anhänger der Nea Dimokratia hören wollen. Dass er immer wieder seine Familie in den Mittelpunkt stellt, ist gewollt. «Ich tanke Kraft aus der Unterstützung meiner Frau und meiner drei Kinder. Ich möchte ihnen von tiefstem Herzen danken», so Mitsotakis.

Er fühle sich «mehr denn je» unter dem Schutz seiner verstorbenen Eltern. Mitsotakis will kein Mann der Worte bleiben. Noch am Montag will er seine Minister ernennen. Die Parlamentarier sollen den Sommer über hart arbeiten. Schliesslich sei viel zu tun – die Arbeit könne nicht bis Herbst warten, sagt er.

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