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Beitritt Finnland/Schweden «In der Nato hat die Türkei keine wirklich engen Freunde»

Kürzlich haben sich die Aussenminister der Nato-Mitgliedstaaten getroffen. Dabei hat sich unter anderem gezeigt, dass das Verteidigungsbündnis keinen Weg findet, um die Türkei dazu zu bewegen, den Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands gutzuheissen. Zu diesem Schluss kommt Fredy Gsteiger, diplomatischer Korrespondent von SRF. Hier beantwortet Gsteiger die fünf wichtigsten Fragen aus der SRF-Community.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

SRF News: Könnte die Türkei aus der Nato ausgeschlossen werden, wenn sie sich weiter gegen den Beitritt Schwedens und Finnlands wehrt?

Fredy Gsteiger: Es gibt bei der Nato zwar klare Verfahren, die zum Beitritt führen, aber keine Regelungen für einen Rauswurf. Natürlich kann jedes Land von sich aus austreten, aber rauswerfen kann man ein Mitglied nicht so einfach.

Die Türkei hat vor einigen Tagen kurdische Stellungen in Nordsyrien und Nordirak angegriffen. Bei diesen Luftangriffen seien mindestens 31 Menschen getötet und Dutzende zum Teil schwer verletzt worden, meldete die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Kann die Nato die Türkei sanktionieren?

Einen festgelegten Sanktionsmechanismus gibt es nicht. Indirekte Sanktionen durch einzelne Nato-Länder sind aber denkbar. Etwa, indem die USA – oder andere Nato-Länder – der Türkei gewisse Waffen nicht mehr liefern. Solche Massnahmen sind übrigens bereits in Kraft, weil die Türkei Abwehrraketen bei Russland einkauft, was aus Nato-Sicht höchst problematisch ist.

Recep Tayyip Erdogan (rechts) und der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson (links) schütteln sich die Hände.
Legende: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (rechts) und der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson haben sich Anfang November im Präsidentenpalast in Ankara getroffen, um über den Status der schwedischen Nato-Mitgliedschaft zu sprechen. Keystone/EPA/Necati Savas

Wie sehen die Gespräche mit der Türkei aus? Wie versucht man, das Land von den Beitritten Schwedens und Finnlands zu überzeugen?

Es laufen Gespräche auf mehreren Ebenen. Hauptsächlich zwischen den Aussenministern der Türkei, Schwedens und Finnlands. Auch Nato-Generalsekretär Stoltenberg hat sich schon mehrfach als Vermittler eingeschaltet. Ebenso hat US-Präsident Joe Biden das Thema vorgebracht. Und Schwedens Ministerpräsident Kristersson war kürzlich beim türkischen Staatschef Erdogan.

Erdogan bedient mit seinem Widerstand gegen den schwedischen und finnischen Nato-Beitritt anti-europäische Gefühle, die in seiner Wählerschaft recht ausgeprägt sind.

Dann besteht also die Chance, dass die Türkei früher oder später einlenken und die Beitritte gutheissen wird?

Ja, die Wahrscheinlichkeit, dass die Türkei am Ende einlenkt, wird als relativ hoch erachtet. Allerdings dürfte das erst nach den Wahlen in der Türkei passieren. Diese finden im Juni 2023 statt. Staatschef Erdogan, der zur Wiederwahl antritt, bedient mit seinem Widerstand gegen den schwedischen und finnischen Nato-Beitritt anti-europäische Gefühle, die in seiner Wählerschaft recht ausgeprägt sind.

In der Nato hat die Türkei keine wirklich engen Freunde.

Wie würden Türkei-nahe Länder auf ein solches Einlenken reagieren?

Russland ist eigentlich nicht Türkei-nahe, auch wenn die beiden Staaten kooperieren. In manchen Punkten misstrauen sie sich aber gleichzeitig. In der Nato hat die Türkei keine wirklich engen Freunde. Am ehesten stehen Aserbaidschan oder die Regierung in Libyen der Türkei nahe – aber die haben keine spezifische Meinung zum Nato-Beitritt von Schweden und Finnland.

SRF 4 News, 30.11.2022, 17 Uhr

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