Zum Inhalt springen

Bernie Sanders gibt auf Das Risiko war den Demokraten zu gross

Die Wende kam am 29. Februar bei den Vorwahlen im Bundesstaat South Carolina. Bis dahin lag Bernie Sanders vorne. In der demokratischen Partei rumorte es. Sollte man wirklich mit dem dezidiert linken Kandidaten Sanders gegen Trump antreten? Riskierte man damit, moderate Wähler zu vergraulen und im November erneut gegen Trump zu verlieren?

South Carolina lieferte die Antwort: Fast die Hälfte der Wählerinnen und Wähler stimmte für Joe Biden, während Bernie Sanders nur knapp 20 Prozent der Stimmen erhielt. Es war unmissverständlich: Weiten Teilen der Parteibasis war es nicht wohl beim Gedanken, mit Sanders ins Rennen zu steigen. Praktisch über Nacht wurde der als moderat geltende Biden zum Favoriten.

Probleme bei schwarzen Wählern

Das lag auch an einer Schwäche, die Bernie Sanders schon vor vier Jahren massgeblich am Sieg gegen Hillary Clinton hinderte: Sanders kam und kommt bei der schwarzen Wählerschaft nicht gut an. Ohne breite Unterstützung in dieser grossen Wählergruppe ist ein Vorwahlsieg fast unmöglich.

Sanders geriet in den letzten Wochen immer klarer in Rückstand. Und das Coronavirus machte einen normalen Wahlkampf zuletzt unmöglich. So gab es für Sanders kaum mehr Hoffnung. Die heutige Kapitulation ist die logische Folge.

Droht nun eine ähnliche Spaltung wie vor vier Jahren, als viele verärgerte Bernie-Fans Hillary Clinton die Unterstützung verweigerten? Auch diesmal könnte ein besonders fanatischer Teil der Sanders-Anhänger nicht für Joe Biden stimmen. Aber der Konflikt ist bisher weniger dramatisch als damals. Biden und Sanders verstehen sich persönlich gut. Und die Angst vor einer Wiederwahl Trumps dürfte die Partei stärker einen als vor vier Jahren.

Biden fehlen die Jung-Wähler

Joe Biden muss allerdings aufpassen, dass er nicht die gleichen Fehler macht wie Clinton. Ihr gelang es damals nicht, genügend junge Wählerinnen und Wähler für sich zu gewinnen. Auch dem sichtlich gealterten Biden fehlt es oft an der Dynamik und Begeisterungskraft eines Bernie Sanders.

Gut möglich, dass Biden diese Schwäche mit einer jüngeren Vizepräsidentschaftskandidatin an seiner Seite auszugleichen versucht. Gute Chancen hat beispielsweise Gretchen Whitmer, die populäre Gouverneurin von Michigan. Und Joe Biden muss hoffen, dass Bernie Sanders seine jungen Anhänger im November für ihn mobilisieren kann.

Bernie Sanders kann derweil für sich behaupten, einige zuvor als radikal verschriene Anliegen – wie eine staatliche Krankenversicherung – in Teilen der US-Bevölkerung salonfähig gemacht zu haben. Seinen Traum von der Präsidentschaft muss er nun aber wohl endgültig begraben.

Thomas von Grünigen

USA-Korrespondent, SRF

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Thomas von Grünigen ist seit Januar 2015 SRF-Korrespondent in New York. Zuvor arbeitete er in der «Rundschau»-Redaktion von SRF. Seine ersten Schritte im Journalismus machte er beim US-Sender ABC News und beim Lokalsender TeleBärn. Er hat an den Universitäten Freiburg und Bern sowie an der American University in Washington DC Medienwissenschaft, Journalistik und Anglistik studiert.

Tagesschau, 08.04.2020, 19:30

Meistgelesene Artikel