Die 26-jährige Omaa hat bis vor kurzem geröstete Erdnüsse und frittierte Kochbananen-Chips auf Twitter angeboten. «99 Prozent meiner Kunden kamen via Twitter zu mir», erklärt sie per Whatsapp. Soziale Medien sind die Geschäftsgrundlage für viele junge Nigerianerinnen und Nigerianer.
Ein Laden oder eine Website sind teuer, also handelt man in den sozialen Medien. Vor allem auf Facebook, aber eben auch über Twitter werden Schuhe angeboten, Dienstleistungen oder Erdnüsse wie im Fall von Omaa. Kürzlich hat sie in bessere Verpackungen investiert. «Ich habe viel Geld ausgegeben, wie hole ich das nun wieder rein?», sorgt sie sich jetzt. Denn die Kundschaft ist weg.
Gelöschter Tweet verärgert den Präsidenten
40 Millionen der insgesamt 215 Millionen Nigerianerinnen und Nigerianer nutzten Twitter vor der Sperre. Diese begründete Informationsminister Alhaji Lai Mohammed gegenüber der BBC damit, dass die Plattform für Aktivitäten benutzt werde, «die Nigerias Existenz unterminieren können».
Damit meint er etwa Nnamdi Kanu. Er ist Anführer einer Unabhängigkeitsbewegung in der Biafra-Region. Kanu sagt, die Fulani, die Ethnie, der auch Staatspräsident Muhammadu Buhari angehört, würden die Bewohner Biafras verfolgen und deren Organe an Briten und Inder verkaufen. Dagegen müsse man sich wehren. Kanu sieht die Region Biafra unter Belagerung und nutzt die sozialen Medien, um diese Nachricht zu verbreiten.
Präsident Buhari hielt ihm auf Twitter entgegen und schrieb: Man müsse die Separatisten «in der Sprache behandeln, die sie verstehen». Das wurde von Twitter als Gewaltandrohung taxiert, der Tweet gelöscht – woraufhin die Regierung ihrerseits Twitter in Nigeria abstellen liess.
Grosse Probleme in Nigeria
Dabei hat Buhari schon genügend Probleme. Viele Gebiete Nigerias sind vom Staat kaum kontrollierbar, wie Sicherheitsexperte Kabiru Adamu erklärt: «Man kann Nigeria in sechs Regionen aufteilen. Jede Zone hat ihre eigene Krise, und alle werden immer tödlicher.»
Twitter sperren schafft nicht mehr Sicherheit – die Entführer sind auf der Strasse, nicht bei Twitter.
Schlagzeilen machen neben der Terrorsekte Boko Haram vor allem Entführungen von Schulkindern und Konflikte zwischen Hirten und Bauern. Die Krisen werden auch über die sozialen Medien sichtbar, die Sicherheitskräfte scheinen machtlos. Sie brauchten bessere Ausrüstungen, um die Gewalt einzudämmen, so Experte Adamu in der BBC.
Doch danach müssten die tiefer liegenden Gründe angegangen werden, betont er. Es sei nicht bloss eine Sicherheitskrise: «Arbeitslosigkeit, schlechte Bildung, kaum Aufstiegschancen.»
Unzufriedenheit der Nigerianer wächst
Das alles seien Gründe, weshalb beispielsweise die sozialen Medien für Kleinstunternehmer als hauptsächlicher Absatzkanal herhalten müssten. Diese Probleme sollten gelöst werden, aber vor allem müsse die staatliche Gewalt aufhören.
Die vom Staat geplante weitere Einschränkung sozialer Medien hilft in der angespannten Lage sicher nicht. Präsident Buhari tut, was man auf Englisch mit «Shooting the Messenger» bezeichnet: Er tötet den Überbringer der schlechten Nachricht.
Auch Erdnussverkäuferin Omaa versteht es nicht: «Twitter sperren, das schafft nicht mehr Sicherheit. Die Entführer etwa sind auf der Strasse, sie sind nicht auf Twitter.» Unterdessen wächst die Unzufriedenheit der Menschen mit der Politik in Nigeria weiter.