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Brasiliens Ex-Präsident «Aus Neugier»: Bolsonaro beschädigt Fussfessel mit Lötkolben

  • Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro hat eigenen Angaben zufolge in der Nacht vor seiner Festnahme seine elektronische Fussfessel mit einem Lötkolben beschädigt.
  • Am frühen Samstagmorgen war er «präventiv» festgenommen worden.
  • Die sofortige Festnahme hatte der Oberste Gerichtshof Brasiliens angeordnet, weil offenbar Fluchtgefahr bestand und die öffentliche Ordnung gewahrt werden musste.

«Ich habe da heisses Eisen draufgehalten. Aus Neugier», sagte Bolsonaro einer Beamtin bei der Kontrolle des Geräts, wie auf einem vom Obersten Gerichtshof veröffentlichten Video zu sehen ist. Auf Nachfrage, ob es sich um ein Bügeleisen gehandelt habe, antwortete Bolsonaro: «Nein, ein Lötkolben.» Er habe die Fussfessel, die er während seines Hausarrests tragen musste, aber nicht abnehmen wollen, beteuerte er.

Auf dem Video ist zu sehen, dass das schätzungsweise knapp zehn Zentimeter grosse Kunststoffgehäuse des Funkapparats über Bolsonaros Fussknöchel ringsherum angeschmort ist. Das eigentliche Gerät blieb laut der Beamtin aber «offenbar intakt».

Angeschmorte Fussfessel
Legende: Die Fussfessel weist deutliche Spuren einer Bearbeitung auf. Reuters/Secretary of State for Penitentiary Administration

Bolsonaro befand sich seit August wegen Verstössen gegen gerichtliche Auflagen im Hausarrest. Am frühen Samstagmorgen (Ortszeit) wurde er wegen des Verdachts eines «konkreten Fluchtrisikos» und einer «Bedrohung der öffentlichen Ordnung» festgenommen. Dabei handelte es sich nicht um die Vollstreckung der Strafe wegen eines versuchten Staatsstreichs, für die er im September zu über 27 Jahren Haft verurteilt worden war. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, mit einer Vollstreckung wurde zuletzt kommende Woche gerechnet.

Das Urteil wegen Staatsstreichs

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Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft und der Richter hatte Bolsonaro nach seiner Wahlniederlage Ende 2022 mit Militärs und Verbündeten einen Staatsstreich gegen die Regierung seines linken Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva geplant. Ziel sei es gewesen, einen Ausnahmezustand zu verhängen und Neuwahlen durchzusetzen – allerdings habe Bolsonaro die Unterstützung der Militärführung nicht gewonnen. Auch wenn Bolsonaro während des Sturms auf den Kongress nicht selbst in Brasilien war, sondern in den USA, wirft ihm das Gericht eine indirekte Beteiligung an den Geschehnissen vor.

Bolsonaros Verteidigung wies die Vorwürfe im gesamten Verfahren zurück.

Laut Richter bestand Fluchtgefahr

Die Entscheidung zur Festnahme beruhte nach Angaben der Ermittler auf neuen Erkenntnissen der Bundespolizei. Kurz nach Mitternacht hatte die Fussfessel demnach Alarm ausgelöst, was auf einen Manipulationsversuch hingedeutet habe. Hinzu kam, dass der Sohn des Ex-Präsidenten, Senator Flávio Bolsonaro, zuvor zu einer nächtlichen Mahnwache vor dem Haus seines Vaters aufgerufen hatte.

Mann schaut zu einer Tür hinaus
Legende: Bolsonaro am Eingang seines Hauses in Brasilia, wo er unter Hausarrest stand (Bild vom 29.09.25). Keystone/ ERALDO PERES

Laut Bundesrichter Alexandre de Moraes hätte ein tumultartiger Verlauf dieser «Mahnwache» eine Kontrolle des Hausarrests erschweren und Bolsonaro eine Flucht im Schutze des Chaos ermöglichen können – möglicherweise zur nahegelegenen Botschaft eines ihm wohlgesonnenen Landes wie den USA, wo er sich dann vor den Strafverfolgern hätte verschanzen können. Moraes entschied daraufhin, Bolsonaro präventiv in Haft zu nehmen.

Regierung Trump unterstützt Bolsonaro

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Die Regierung von US-Präsident Donald Trump unterstützt den rechtskonservativen Ex-Militär Bolsonaro, der seine Wahlniederlage 2022 bis heute nicht akzeptiert und nach Überzeugung des Obersten Gerichts mit Militärs und politischen Verbündeten einen Staatsstreich gegen die Regierung seines linken Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva plante. Washington wirft der brasilianischen Justiz eine politisch motivierte Kampagne gegen Bolsonaro vor.

Nach der Festnahme des Ex-Präsidenten bezeichnete der stellvertretende US-Aussenminister Christopher Landau den landesweit bekannten Richter Moraes als «Menschenrechtsverletzer», der mit seinem «provokativen» Vorgehen Schande über das Oberste Gericht gebracht habe. «Die USA sind zutiefst besorgt über seine jüngste Attacke auf den Rechtsstaat und die politische Stabilität in Brasilien», schrieb Landau auf der Plattform X.

Anwälte nehmen Bolsonaro in Schutz

Bolsonaros Anwalt Paulo Cunha Bueno gab keine Erklärung für die Beschädigung der Fussfessel ab. Die «Gebetsmahnwache» sei als religiöse Veranstaltung durch die Verfassung geschützt gewesen, betonte er. Trotz der veröffentlichten Belege des Obersten Gerichtshofs und der Aussagen Bolsonaros zum Einsatz eines Lötkolbens sprach der Anwalt von einer verzerrenden Darstellung der Justiz, mit der «das nicht zu Rechtfertigende rechtfertigt werden soll».

SRF 4 News, 22.11.25, 14 Uhr ; 

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