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Chaos droht in Bolivien Ex-Präsident Morales flüchtet ins Exil

  • Nach dem Rücktritt von Präsident Evo Morales ist nicht klar, wer Bolivien bis zu den Neuwahlen führen soll.
  • Der einst stabile Andenstaat droht im Chaos zu versinken. In mehreren Städten des Landes kam es zu Ausschreitungen.
  • Die Polizei des Landes hat das Militär um Hilfe gebeten. Gemeinsam will man Operationen durchführen, um «Blutvergiessen und Trauer zu verhindern».
  • Morales hat inzwischen verkündet, er verlasse das Land in Richtung Mexiko. Dort wurde ihm aus humanitären Gründen Asyl gewährt.

«Schwestern und Brüder, ich breche nach Mexiko auf», schrieb der zurückgetretene Präsident am Montag auf Twitter. «Es schmerzt mich, das Land aus politischen Gründen zu verlassen, aber ich werde mich immer kümmern. Bald komme ich mit mehr Kraft und Energie zurück.»

Zuvor hatte der mittelamerikanische Staat erklärt, Morales aus humanitären Gründen Asyl zu gewähren. Das Leben des Ex-Präsidenten sei in Bolivien in Gefahr, sagte Aussenminister Marcelo Ebrard. Mexiko hatte ein Flugzeug seiner Luftwaffe geschickt, um Morales in Bolivien abzuholen.

Mehrere Rücktritte an der Spitze

Morales war am Sonntag nur drei Wochen nach seiner umstrittenen Wiederwahl zurückgetreten. Nebst Präsident Morales reichten auch der Vizepräsident, die Präsidentin des Senats und der Präsident der Abgeordnetenkammer ihre Rücktritte ein. Nach der bolivianischen Verfassung sollte ohne Präsident und Vize-Präsident eigentlich der Präsident des Senats das Land in der Übergangsphase führen.

Schliesslich legte auch Verteidigungsminister Javier Zavaleta López sein Amt nieder. Er appellierte an den unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Carlos Mesa und den Oppositionsführer Luis Fernando Camacho, eine friedliche Lösung für den Konflikt in Bolivien zu finden.

Lediglich die zweite Vizepräsidentin des Senats, Jeanine Áñez, erklärte sich im Fernsehsender Unitel bereit, die Präsidentschaft vorübergehend zu übernehmen und Neuwahlen anzuberaumen.

Trump lobt Morales-Rücktritt

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US-Präsident Donald Trump hat den Rücktritt des bolivianischen Staatschefs Evo Morales als bedeutenden Moment für die Demokratie in der westlichen Hemisphäre hervorgehoben. Morales habe versucht, sich über den Willen des Volkes hinwegzusetzen, sein Abgang erlaube es den Bolivianern, sich Gehör zu verschaffen, sagte Trump laut einer Mitteilung des Weissen Hauses.

Der Republikaner lobte im Namen der Vereinigten Staaten auch Boliviens Militär. «Diese Ereignisse senden ein starkes Signal an die illegitimen Regime in Venezuela und Nicaragua, dass die Demokratie und der Wille des Volkes immer siegen werden.»

Polizei und Militär spannen zusammen

Angesichts der eskalierenden Gewalt hat die Polizei das Militär um Hilfe gebeten. Die Streitkräfte wollen demnach gegen Plünderer vorgehen. «Die Soldaten werden gemeinsam mit der Polizei Operationen durchführen, um Blutvergiessen und Trauer zu verhindern», sagte der Kommandant der Streitkräfte, Williams Kaliman, am Montag. «Wir werden angemessene Gewalt anwenden gegen Vandalen-Gruppen, die Schrecken unter der Bevölkerung verbreiten.»

Zuvor hatte das Militär bereits angekündigt ins ganze Land auszurücken, um Gebiete und Anlagen zu schützen die für öffentliche Dienstleistungen essenziell seien. In mehreren Städten war es Medienberichten zufolge in der Nacht zum Montag zu Ausschreitungen gekommen. Am stärksten betroffen waren der Regierungssitz La Paz sowie das benachbarte El Alto.

Manipulationen bei Präsidentenwahl

Der Rücktritt von Morales kam nur drei Wochen nach seiner umstrittenen Wiederwahl. Der Sozialist hatte sich nach der Abstimmung am 20. Oktober zum Sieger in der ersten Runde erklärt. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte jedoch Manipulationen bei der Präsidentenwahl festgestellt und eine Annullierung empfohlen. Daraufhin hatte Morales zunächst eine Neuwahl angekündigt, am Ende aber dem wachsenden Druck von Militär und Polizei nachgegeben. Seitdem kommt es bei Strassenprotesten fast täglich zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Lagern.

Der erste indigene Präsident hat dem Armenhaus Südamerikas eine lange Zeit der politischen Stabilität und der wirtschaftlichen Entwicklung beschert. Um sich seinen Traum zu erfüllen und bis zur 200-Jahr-Feier der Unabhängigkeit 2025 im Amt zu bleiben, überspannte er den Bogen allerdings.

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